War der Druck zu groß, sind die Vorwürfe zu schwerwiegend? Fest steht: Klaus Kunze gibt auf. Der städtische Geschäftsführer der Entsorgungsbetriebe Essen (EBE) hat Oberbürgermeister Reinhard Paß um die Aufhebung seines Anstellungsvertrages gebeten. „Ich habe die Bitte von Klaus Kunze mit Bedauern zur Kenntnis genommen“, so Paß. Es sollte nicht die einzige Personalie im Zuge der „EBE-Affäre“ bleiben: Auch Harald Hoppensack hat hingeschmissen; der langjährige SPD-Ratsherr aus Bergerhausen, der wegen eines Beratervertrages für die EBE in der Schusslinie steht, ist von allen politischen Ämtern zurückgetreten. Schon gestern, in der Ratssitzung, nahm Hanns-Jürgen Spieß seinen Platz ein. Zum vorläufigen Geschäftsführer der EBE bestellte der Rat den Chef der städtischen Grundstücksverwaltung Essen (GVE), Andreas Hillebrand.
Für den Rat sind die Vorwürfe, die der private EBE-Mitgesellschafter Remondis allen voran gegenüber Klaus Kunze vorgebracht hat, nicht vom Tisch. „Rücktritte ersetzen keine Aufklärung“, formulierte Udo Bayer vom Essener Bürgerbündnis. Am morgigen Freitag soll der EBE-Aufsichtsrat einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer bestellen.
Einer Überprüfung der Vorwürfe sieht Kunze nach eigenen Worten zuversichtlich entgegen. So heißt es in einem Brief an Oberbürgermeister Paß, in dem der 69-Jährige die Beweggründe für seinen Rückzug darlegt: „Mittlerweile sind die persönlichen Anfeindungen, denen ich und damit meine Familie ausgesetzt sind, derart massiv und belastend, dass ich dies nicht länger verantworten kann.“ Kunze fühlt sich „diffamiert und bloß gestellt“. Die vergangenen Wochen sollen nicht spurlos an ihm und seiner Familie vorbei gegangen sein. Offenbar hatte er unterschätzt, welche Wellen die Veröffentlichung seiner vermeintlichen Verfehlungen nach sich ziehen sollte, die Remondis minutiös aufgelistet hat. Im Raum steht die Begünstigung von Betriebsräten und eines politischen Weggefährten.
Von Seiten der EVV ist zu vernehmen, dass Juristen die Vorwürfe nicht als schwerwiegend genug einschätzen, als dass sie als Grund für eine Entlassung hätten herhalten könnten. Unsicher ist man sich offenbar, ob dies auch für den Beratervertrag gilt, den Kunze Ende 2011 mit Hoppensack geschlossen haben soll. 210 630 Euro soll dieser allein 2012 für IT-Leistungen erhalten haben, was CDU-Fraktionschef Thomas Kufen veranlasste, grundsätzlich die Vergabepraxis städtischer Tochtergesellschaften zu hinterfragen. Vielleicht sitze das Geld dort „etwas zu locker“. Kunzes Rückzug dürfte indes nicht nur auf OB Paß wie ein Schuldeingeständnis wirken. „Ich bedauere zutiefst, dass mit der Entscheidung von Herrn Kunze nun eine Art ,Urteil’ gefällt wird, obwohl die ,Beweisaufnahme’ noch gar nicht vonstatten gegangen ist.“