Komponistennamen wie Jan Václav Hugo Voříšek werden dem Konzertpublikum der Essener Philharmoniker demnächst virtuos über die Lippen gehen. Hat sich doch der neue Generalmusikdirektor Tomáš Netopil zum Ziel gesetzt, neben dem gängigen Repertoire auch den Werken der Groß- und Kleinmeister seiner tschechischen Heimat besondere Pflege angedeihen zu lassen. Und so beglückte er die Besucher zum Auftakt der Saison mit der einzigen Sinfonie des besagten, hierzulande unbekannten Schubert-Zeitgenossen Voříšek.
Frühromantische Hitzköpfigkeit
Der Hörer mochte diesem Opus 23 etwas ratlos gegenüberstehen: Den Ausmaßen einer Haydn-Sinfonie entsprach nicht deren klar strukturierte Form, nichts von der bezwin-genden melodischen Kraft und Folgerichtigkeit eines Mozart. Ein wenig frühromantische Hitzköpfigkeit und Farbenspiel, aber es blieb nichts haften. Dem sachlich-präzisen Dirigat entsprach das Orchester mit akkuratem, aber nicht unbedingt inspirierendem Spiel.
Mahlers „Erste“ war dagegen eine andere Herausforderung. Und in die übergroßen Fußstapfen seines charismatischen Amtsvorgängers Stefan Soltesz zu treten, ist für den jungen Tomáš Netopil gewiss keine leichte Aufgabe. Doch er erwies sich hier als bemerkenswert souveräner Regisseur, der sich mit Vehemenz und innerer Dynamik (die nahtlosen Übergänge und Tempowechsel!) in die so widersprüchliche Musik Mahlers stürzte und überzeugenden Sinn für die großen dramaturgischen Spannungsbögen entwickelte. Den Philharmonikern in Riesenbesetzung gewann er dabei ein rundum brillantes Klangbild ab von den atmosphärisch zarten Gespinsten des Kopfsatzes über die Klezmer-Anklänge und übermütigen Fratzen des Trauermarsches bis in die geballten Aufschwünge des Finales. Jubelnder Applaus für diese in sich geschlossene, abgerundete Wiedergabe.