„Erst kommt die Familie, dann die Zeche.“ Eigentlich wollte Detlef Spahn nie auf der Zeche Zollverein arbeiten. Sein Vater war dort kaufmännischer Angestellter, die Schulfreunde gingen auch alle zur Zeche. Er wollte etwas anderes, begann eine Ausbildung zum Stahlbauschlosser. Nach der Lehre meldete seine Firma Insolvenz an - so landete er doch noch auf der Zeche - und blieb.

Spahn arbeitete in der Kohlemaschinenaufbereitung, war Handwerksvorarbeiter, schrieb Werksberichte und teilte Mitarbeiter ein. „Ich habe damals praktisch auf der Zeche gelebt“, sagt der 70-Jährige. Weil er gegenüber der Zeche wohnte, rief man ihn oft zur Arbeit - auch wenn er seine Schicht gerade erst beendet hatte. An Familienleben war bei den vielen Nachschichten, kaum zu denken. Nach der Arbeit brachte er seine Tochter in den Kindergarten, dann ging er zum Schlafen nach Hause. „Ich habe mein Kind kaum aufwachsen sehen“, sagt Spahn. An der hohen Arbeitsbelastung seien damals viele Ehen seiner Kollegen kaputt gegangen. „Meine Frau kommt zum Glück aus einer Bergarbeiterfamilie, trotzdem war sie oft stinkig“, erzählt Spahn.

Dreckig und staubig war die Arbeit. Wenn er von der Schicht nach Hause kam, brachte er stets Schmutz mit. Deshalb gab es im Hause Spahn auch zwei Waschmaschinen. „Das Arbeitszeug hat die ganze Maschine versaut, danach konnte man nichts anderes mehr darin waschen.“ Während der Arbeit gab es kaum Pausen, sein Butterbrot aß er meist im Gehen. Die harte Arbeit wirkte sich auf seine Gesundheit aus. Schon zwölf Mal operierten ihn Ärzte am Knie. Spahn schwärmt noch heute vom Zusammenhalt unter den Kollegen, die wahre „Kumpels“ waren: „Wie eine große Familie, wir haben zusammen gelacht und geweint.“

Die Stillegung am 23. Dezember 1986 war ein einschneidendes Erlebnis in seinem Leben. Den Job verlor er nicht. Dafür musste er auf der Gelsenkirchener Zeche Hugo nochmal von vorne anfangen. „In Essen waren wir wer – in Gelsenkirchen wussten die Kollegen ja nicht, ob wir Kumpel oder Kriecher sind.“

Auch deshalb vermisste er seinen alten Arbeitsplatz. Als er mit 55 aufhörte zu arbeiten, hing zunächst der Haussegen schief. Er sei es gewohnt gewesen, Leute einzuteilen, das habe er dann auch bei seiner Frau versucht. Die wusste allerdings auch ohne ihn, wie sie ihren Haushalt zu führen hatte. Um den Familienfrieden wiederherzustellen, suchte er sich eine neue Beschäftigung. Dazu kehrte Spahn zurück zu seinem alten Arbeitsplatz als Gästeführer auf dem Gelände seiner alten Zeche.