Essen. . Streitthema Asylheim: Rund 400 Bürger kamen, als die WAZ in Frintrop Gelegenheit zur Diskussion gab. Stadt und Polizei versuchten zu beruhigen
Erst war es ein Gerücht, dann wurde es zur Nachricht: Das Gebäude der früheren Walter-Pleitgen-Schule in Frintrop soll Flüchtlingsunterkunft werden. Empörung und Wut waren die Folge, entsprechend viele Anwohner fanden sich am Donnerstagabend ein, als die WAZ mit ihrer rollenden Redaktion auf den Frintroper Markt kam. Redakteurin Claudia Pospieszny brachte eine Gewissheit mit: „Heute hat die Stadt bestätigt, dass in der Schule bis zu 130 Menschen untergebracht werden. Das wird voraussichtlich ab Oktober der Fall sein.“
Aus der aufgewühlten Menge tönten schon an dieser Stelle Buhrufe, und es entbrannte bald eine teils hitzige Diskussion zwischen den rund 400 Bürgern auf der einen, sowie Politikern und Vertretern der Stadt auf der anderen Seite. Nie hat es einen Termin mit der mobilen Redaktion geben, an der mehr Bürger teilnahmen - allein das zeigt schon die Brosanz des Themas.- Dass Sozialdezernent Peter Renzel sich durch den Geschäftsbereichsbeauftragten Thomas Römer und Sozialamtsleiterin Brigitte Keil vertreten ließ, kam ebenfalls nicht gut an. „Der Renzel hat wohl Angst“ hieß es. Auch Römers Erklärung, die Stadt habe keine andere Wahl, sie müsse die vom Land zugewiesenen Asylbewerber aufnehmen, überzeugte viele nicht.
Zwölf Schlafplätze im Klassenzimmer
Ob in der Walter-Pleitgen-Schule auf Dauer Flüchtlinge untergebracht werden, sei noch völlig offen. Aktuell werde sie für sechs Monate als Behelfseinrichtung benötigt, erklärte Sozialamtsleiterin Brigitte Keil am Donnerstagabend den Anwohnern in Frintrop.
Ein Teil der Flüchtlinge aus Serbien und Mazedonien, zumeist Roma, würden nach dem Winter in ihre Heimatländer zurückkehren. Flüchtlinge aus Krisengebieten wie Syrien und Afghanistan, die Aussicht haben, als Asylbewerber anerkannt zu werden, versuche man später in Wohnungen unterzubringen. Ratsfrau Gabriele Giesecke (Linke) hält die Unterbringung von bis zu zwölf Personen in einem Klassenraum auch für eine Dauer von sechs Monaten für problematisch. Sie spricht von „menschenunwürdigen Zuständen für Menschen, die aus Kriegs- und Krisengebiete nach Deutschland fliehen.“
Ob die Schule für eine dauerhafte Unterbringung geeignet sei, lasse sich erst sagen, nachdem sie wieder freigezogen ist, sagt Keil. „Dann kann man darüber nachdenken, sie eventuell umzubauen, um sie zur festen Unterkunft zu machen.“ Entschieden sei noch nichts, die Stadt prüfe derzeit noch andere Standorte. Doch bei vielen Anwohnern sorgt die bloße Überlegung für Unmut: „Lieber sollte man die Schulen unserer Kinder sanieren.“
Viele der Anwohner fürchten schlimme Zustände oder eine erhöhte Kriminalität im Stadtteil. Da beruhigte auch der Hinweis des Leiters der Polizeiinspektion Nord, Klaus-Peter Netz, nicht, dass es in den zehn Asyleinrichtungen in Essen bislang nie derartige Probleme gegeben habe. Lediglich Anwohner-Beschwerden nach Ruhestörungen habe es gegeben: „Asylbewerber dürfen keiner Beschäftigung nachgehen und halten sich schon wegen der Enge in den Unterbringungen viel im Freien auf. Das führt schon mal zu Lärm.“ Meist habe es sich als hilfreich erwiesen, auf die Menschen zuzugehen und sie auf die Ruhestörung hinzuweisen.
Wie denn für Sicherheit gesorgt werde, wollten viele Bürger wissen. Römer erklärt dazu, dass die Stadt die Einrichtung rund um die Uhr betreue; tagsüber von einem Sozialarbeiter, nachts vom Sicherheitsdienst. An dieser Stelle der Diskussion versuchen rechtsradikale Störer den Unmut der Bürger für ihre Propaganda zu nutzen: „Und wer schützt die Asylbewerber vor uns.“ Ein Vorgeschmack auf die für den heutigen Samstag geplante Demo der NPD in Frintrop.
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Bei vielen Bürgern am WAZ-Mobil verfing diese Strategie nicht, sie waren durchaus dankbar, dass man ihr Anliegen ernst genommen hat. Trotzdem blieben nach der gut zweistündigen Debatte noch Fragen offen und manche Sorge hält an. Stoff genug für eine Bürgerversammlung am Mittwoch, 11. September, 19 Uhr im Pfarrheim an der Schlenterstraße 18. Dann will auch Sozialdezernent Peter Renzel Rede und Antwort stehen.