Essen. . Sozialdezernent Peter Renzel verteidigt die Haltung der Stadt, erst Standorte zu prüfen, bevor man die Bevölkerung einbindet. „Sonst gibt es nur noch mehr Verunsicherung auch in anderen Stadtteilen“.
Dass sie ihn mit Walter Ulbricht in Verbindung bringen – das wird Peter Renzel ganz und gar nicht gefallen. „Niemand hat die Absicht, ein Heim zu errichten“, mit diesem an die Mauer-Lüge erinnernden Transparent verspotten Anwohner der Walter-Pleitgen-Schule in Frintrop seit gestern die „haarsträubende Informationspolitik“ des Sozialdezernenten, die sie in einem anderen Transparent zu der Behauptung verdichten: „Stadt Essen hintergeht Frintroper Bürger“.
Als willkomener Beweis dient Rainer Wittmann und seiner Initiative die kurzfristige Absage Renzels, an einem Ortstermin teilzunehmen, zu dem CDU-Ratsfrau Jutta Eckenbach für gestern Mittag eingeladen hatte. Damit sei klar, so heißt es, dass man erst mit den Bürgern sprechen wolle – am 11. September nämlich –, wenn die Entscheidung über die Schule als Standort für eine Behelfs-Asylunterkunft gefallen sei.
Sozialdezernent Renzel verteidigte gestern sein Vorgehen, um nicht noch „weitere Irritationen und Befremden“ auszulösen.
Sicher sei manches „unglücklich gelaufen“, schob er im Gespräch mit der NRZ hinterher, dass man die Menschen in Frintrop verunsichert habe, „das war nicht gewollt“. Und dennoch: Renzel sieht einen unauflöslichen Widerspruch zwischen dem Informationsbedürfnis der Menschen vor Ort und einer seriösen Asyl-Planung in der Sozialverwaltung: „Es gibt keinen einzigen Stadtteil, in dem die Leute sagen: Baut doch bei uns.“
Um deshalb nicht an allen Prüfstandorten für Verunsicherung zu sorgen, halte man die Standort-Informationen zunächst unter Verschluss und prüfe, wo sich welche Immobilien zur Unterbringung der Asylsuchenden eignen. Und weil „ein ganzer Rattenschwanz von Verwaltungsprozessen daran hängt“, sei wohl kaum zu verhindern, dass zuvor Informationen durchsickern – mit den bekannten Folgen.
Auch den Hinweis, man habe doch vor Jahresfrist noch über leer stehende Notunterkünfte verfügt, lässt Renzel nicht gelten: Diese Standorte hätten zum Teil über Jahre leer gestanden und hätten sich mancherorts zu regelrechten Schandflecken des Stadtteils entwickelt: „Ich kann verstehen, wenn die Politik im Bezirk sagt: Wir wollen die nicht mehr haben.“
Auch sei die sich jetzt abzeichnende Entwicklung der Asyl-Fälle nicht absehbar gewesen: „Alle Städte haben das gleiche Problem, alle sind sie überrascht worden. Es gab keine Anzeichen dafür, dass sich die Zahlen so entwickeln. Es ist nicht so, dass wir gepennt hätten.“
Wo einst Kapazitäten für mehrere tausend Zuwanderer vorgehalten wurden, zählt man in Essen jetzt gerade mal rund 700 Personen, die Asyl suchen, davon 404 Serben und Mazedonier – im Wesentlichen Roma –, die nach allen Erfahrungen keine Aussicht darauf haben, Asyl zugesprochen zu bekommen. Dennoch gibt es zunächst die Unterbringungs-Pflicht.
Neben der Dilldorfschule in Kupferdreh und einer Behelfsunterkunft – das dürfte die Walter-Pleitgen-Schule werden – sucht die Stadt deshalb nach drei weiteren Standorte für Regelunterkünfte.
Diese Situation werde er bei der Bürgerversammlung am 11. September den Frintroper Bürgern erläutern, und zwar persönlich, kündigte Renzel gestern an. Und trat damit Behauptungen entgegen, er habe den gestrigen Ortstermin „aus Feigheit“ abgesagt, wie die Initiative ätzt. Renzel widerspricht energisch: „Ich habe keine Angst vor den Bürgern.“