Essen. Mit heißem Wasser verbrühte eine 31-jährige ihren Freund, zerstörte zehn Prozent seiner Körperoberfläche. Vor Gericht verneint sie jede Absicht. Der gemeinsame Sohn leidet vor Gericht sichtlich unter seiner Rolle, zwischen Vater und Mutter zu stehen.

Nach dem Prozessende schallt das Weinen des Elfjährigen durchs Treppenhaus des Essener Landgerichtes. Seine Mutter redet auf ihn ein, wendet sich dann ab von ihm. Anwalt André Wallmüller nimmt den Jungen an die Hand, versucht ihn zu beruhigen. Sichtlich leidet der Schüler an seiner Rolle im Streit seiner Eltern.

Schwere Körperverletzung ist vor der VII. Strafkammer angeklagt. Verantworten muss sich die Mutter des Elfjährigen. Die 31-Jährige aus dem Essener Süd-Ost-Viertel soll ihrem Freund, Vater des gemeinsamen Kindes, am 13. Juni 2012 eine Salatschüssel voll heißen Wassers über die Brust geschüttet haben, als er auf dem Sofa telefonierte.

„Du willst mich umbringen – aber bevor du das tust, mache ich es“, soll sie laut Opfer gerufen haben. Verbrennungen zweiten Grades diagnostizierten die Ärzte einer Spezialklinik. Zehn Prozent der Körperoberfläche des 34-Jährigen sind verbrannt. Hintergrund des Streites soll die Trennungsabsicht des Mannes sein. Seine Freundin sitze immer am Computer, vernachlässige das Kind.

Angeklagte: Es passierte im Gerangel

Die Angeklagte weist die Vorwürfe zurück. Sie sei mit der Salatschüssel voll heißen Wassers auf dem Weg gewesen, Kaffee zuzubereiten. Dabei sei sie an ihrem Freund vorbeigegangen, es sei zum Gerangel gekommen und dabei sei ihr die Schüssel aus der Hand geglitten. Das Gericht hört sich beide Seiten an, vernimmt den Freund des Opfers, der mit diesem telefoniert hatte: „Von Null auf Hundert schrie er und rief: Komm schnell, sie bringt mich um.“

Dann geht es um den Jungen. Gericht und Staatsanwältin Birgit Jürgens wollen auf ihn verzichten. Direkt nach der Tat hatte er gesagt, er sei zur Tatzeit auf seinem Zimmer gewesen. Erst Wochen später sagte er, er sei doch dabei gewesen. Es sei so, wie seine Mutter es geschildert habe. Richter Rudolf Fink spricht den Interessenkonflikt des Jungen an, der zwischen Vater und Mutter stehe. Doch die Angeklagte und Anwalt Wallmüller wollen auf die Aussage nicht verzichten.

So sitzt der junge Mann sichtlich unwohl auf dem Zeugenstuhl, als der Richter ihn über sein Schweigerecht als Sohn belehrt. „Aber Mama will, dass ich aussage, weil sie sonst keinen Zeugen hat, der sie schützt“, sagt der Elfjährige. Richter Fink versucht sich auf das Kind einzustellen. Dass er zwischendurch unvermittelt Vater, Mutter oder Verteidiger anschreit, trägt zur Beruhigung des Kindes kaum bei. Zum Schluss hat seine Beratung aber Erfolg, der Junge verweigert die Aussage. Der Prozess geht weiter.