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In erster Linie ist Kaplan Joseph Emonds von der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem vor wenigen Tagen der Ehrentitel „Gerechter unter den Völkern“ zuerkannt worden, weil er in Kirchheim/Eifel jahrelang Juden vor den Nazis versteckte. Nur hätte es Emonds niemals in die Eifel verschlagen, wenn er nicht schon einige Jahre zuvor von der Kanzel der St. Laurentius-Kirche gegen die Nationalsozialisten gewettert hätte.

Am 30. April 1934 schreibt der beauftragte der AKD für den Gau Essen: „In der Predigt der am Sonntag, dem 29. April, beginnenden Messe gebrauchte Vikar Emonds Wendungen, wonach gegenwärtig, also unter der nationalsozialistischen Regierung, die kath. Kirche an ihrer Entfaltung gehindert und in menschliche und irdische Dinge eingespannt wird... In Anbetracht dessen, daß Vikar Emonds heute nicht mehr predigen würde, wenn die Vorsehung nicht noch rechtzeitig Adolf Hitler geschickt hätte, um Kirche und Christentum vor dem Bolschewismus zu retten, liegt in dieser Selbstkennzeichnung regierungsfeindlicher Einstellung krasseste Undankbarkeit.“

Probleme in der Schule

Einer, der sich noch genau an die damaligen Geschehnisse erinnert, ist Franz-Josef Rhode (87). Er war von 1933 bis 1941 Messdiener an der St. Laurentius Kirche, hat von 1933 bis ‘38 bei Kaplan Emonds ministriert. Auch hat er ihn häufig bei Krankenbesuchen begleitet. „Er war ein fürsorglicher Geistlicher und besonnener Mensch“, sagt Rhode. Seine Predigten seien überaus zeitgemäß gewesen und er habe schon durchblicken lassen, dass er „kein Freund der Nazis war“. Und Rhode fügt hinzu: „Dies tat Emonds nicht im Überschwang seiner Gefühle, sondern aus seinem Intellekt heraus.“

Besagte Predigt hatte direkte Konsequenzen. Wenige Tage später stand der Satz „Nun erst recht Hitler“ auf der Außenwand der Vikarie an der Paßstraße. „Jedes Mal, wenn wir die Kirche verließen, sprangen uns diese Worte ins Auge“, erzählt Franz-Josef Rhode. Auch er bekam in der Schule Probleme wegen seines Glaubens. „Ich war der einzige Katholik unter lauter Protestanten in der Klasse. Als ich einmal vom evangelischen Religionslehrer gefragt wurde, was ich am Sonntag gemacht hätte, antwortete ich ‘zur Messe gegangen und dann gefrühstückt’.“ Schließlich müsse man für die Kommunion nüchtern sein. Worauf der Lehrer meinte: „Komische Leute, die nicht erst frühstücken.“ Die Mitschüler hätten über diesen vermeintlichen Witz nicht gelacht, sondern seien ganz ruhig gewesen. „Das war für mich eine Sternstunde“, sagt Rhode heute.

Später dann wurde der 17-jährige Rhode Luftwaffen-Helfer, ging anschließend zur Luftwaffe und geriet am 3. Mai 1945 in französische Kriegsgefangenschaft. Bevor er beim Bergbau anfing und später dann Berufsberater beim Arbeitsamt wurde, war Franz-Josef Rhode ein Jahr bei der Militärregierung tätig. Ironie der Geschichte: „Da hatte ich mit 19 Jahren als einer der wenigen Zugriff auf den Schrank mit den Entnazifizierungs-Dokumenten.“

Häufig noch denkt der 87-Jährige an die Zeit zurück, als er Messdiener war: „Die Kirche hat mir damals eine Menge Halt gegeben.“