Wenn der Gestank fauler Eier über dem Essener Norden liegt, wissen Anwohner, was da zum Himmel stinkt: Die Emscher müffelt seit über einem Jahrhundert. So intensiv aber wie dieser Tage war ihr Duft seit Jahren nicht mehr. Bei der Emschergenossenschaft melden sich irritierte Bürger. Die Erklärung für den extremen Schwefelwasserstoff-Geruch: So wenig Wasser wie aktuell führte die Emscher seit zehn Jahren nicht mehr.
Den Niedrigstand von 2,16 Meter hat die Emschergenossenschaft an drei Tagen im August am Unterlauf, am Pegel Oberhausen-Königstraße, gemessen. In den vergangenen 50 Jahren führte der als „Kloake des Ruhrgebietes“ gedemütigte Schmutzwasserlauf nur dreimal weniger Wasser. In Trockenzeiten liegt der Pegel im Durchschnitt bei 2,29 Meter. Und je weniger Wasser fließt, desto höher ist der Anteil dessen, was Ilias Abawi „Feststoffanteil“ nennt. Der Sprecher der Emschergenossenschaft meint die Hinterlassenschaften der Menschen. Neben den geringen Niederschlagsmengen verursachen die Haushalte selbst dicke Luft: „Weil sie durch bewusstes Sparen immer weniger Wasser verbrauchen“, so Abawi, „fließt auch durch die Kanäle weniger Wasser“. Auch das hat eine höhere Abwasser-Konzentration in der Emscher zur Folge – und übrigens höhere Kosten bei der Wartung der Rohre.
Was selbst viele Essener nicht wissen: Zwei Drittel des Stadtgebietes entwässern in die Emscher. Das Schmutzwasser erreicht den Fluss über das Schwarzbach-System, zu dem auch Katernberger Bach und Schurenbach gehören, sowie über die Berne und ihre Nebenflüsse Borbecker Mühlenbach und Stoppenberger Bach. Auch viele dieser Nebenarme, so Abawi, „riechen im Moment sehr streng“. Über die Ausscheidungen der Essener dürften aber vor allem die Anwohner flussabwärts die Nase rümpfen – Bottroper und Oberhausener.