Essen. Die zweijährige Amelie hat seit Anfang August einen Rechtsanspruch auf eine Betreuung,ihre Eltern hatten den Bedarf auch rechtzeitig der Stadt Essen gemeldet. Doch nach einer aufreibenden Suche bekommt Amelie nun erst im November den erhofften Kita-Platz.

Er sei mit dem Kita-Ausbau „alles in allem zufrieden“, hat Sozialdezernent Peter Renzel zu Monatsanfang gesagt. Da trat der Rechtsanspruch auf eine Betreuung für Kinder unter drei Jahren in Kraft. Christiane und Arnd Amedick aus Haarzopf können Renzels Einschätzung nicht teilen: Für ihre zweieinhalbjährige Tochter Amelie haben sie erst nach einer aufreibenden Suche einen Kita-Platz gefunden – und zwar zum 1. November.

Stadt bot Plätze an, die es nicht gab

Die Eheleute sind beide voll berufstätig, Christiane Amedick pendelt nach Düsseldorf. Bislang besucht Amelie zwei Tage in der Woche eine Privat-Kita in Werden. Im März haben die Amedicks die Bedarfsmeldung ans Jugendamt geschickt, weil sie zum August einen Platz in einer öffentlichen Kita suchten. Sie nannten vier Wunsch-Kitas in Wohnortnähe und machten noch einen Vorschlag für den Fall, dass sie dort leer ausgehen sollten: Amelie könne in der privaten Kita Vollzeit betreut werden – sofern die Stadt die Mehrkosten übernehme. „Allein ist das von uns langfristig nicht finanzierbar“.

Lange wartete die Familie auf eine Reaktion, hakte oft beim Jugendamt nach, erfuhr, dass in den nahe gelegenen Kitas kein Platz frei sei. Erst am 9. Juli machte die Stadt ein Angebot: Der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) habe eine Tagesmutter. Obwohl sie ja eine Kita bevorzugt hätte, rief Christiane Amedick beim SkF an: „Da war der Platz schon weg.“ Die Stadt erklärt dazu, die Familie habe sich vier Tage Zeit für den Rückruf gelassen – das sei eben zu lang.

Freilich ließ sich auch das Jugendamt bis einen Tag vor Inkrafttreten des Rechtsanspruches Zeit mit dem nächsten Angebot; diesmal in einer Kita. Der Schönheitsfehler: Diese Kita befand sich noch im Aufbau, sie hätte Amelie erst zum Jahresende aufnehmen können und dann auch nur bis zu ihrem dritten Geburtstag im Februar 2014. Die Einrichtung nimmt nur Kinder bis drei Jahren auf.

Bedarfsmeldung muss an die Stadt gehen

Viele Kitas bitten Eltern zum persönlichen Gespräch, bevor sie eine Anmeldung annehmen.

Sich in der Kita anzumelden und mit der Betreuungs-Pass-Nummer registrieren zu lassen, reicht aber nicht immer. Nur wenn Eltern die Bedarfsmeldung beim Jugendamt eingereicht haben, ist ihre Suche nach einem Kita-Platz auch offiziell erfasst.

Als die Familie das Kurzzeit-Angebot ausschlug, bot man ihr einen anderen Platz zum Februar 2014 an. „Dabei suchten wir etwas für jetzt.“ Erst als Amedicks über den Klageweg nachdachten, habe sich die Stadt bewegt: Nun ist sie doch bereit, die Kosten für die private Kita anteilig zu übernehmen. Bis November: Dann bekommt Amelie den Wunschplatz in Haarzopf.

Für Familie Schmitz (Name geändert) aus Rüttenscheid wird die Wartezeit noch länger dauern: Dabei haben sie seit Dezember 2012 alle Kitas im Stadtteil angemailt, sich in vielen persönlich vorgestellt und ihren jetzt einjährigen Sohn angemeldet. „Oft kamen zehn Bewerber auf einen Platz“, sagt Tanja Schmitz. „Bevorzugt gehen die Plätze an Geschwisterkinder oder Kinder von Alleinerziehenden – als berufstätiges Ehepaar ist man fast chancenlos.“ Besonders bitter: Die Stadt fühlt sich für Familie Schmitz nicht zuständig, weil diese keine Bedarfsmeldung beim Jugendamt eingereicht hatte. „Wir hatten uns darauf verlassen, dass wir über den Betreuungspass erfasst werden“, so Hans Schmitz. Nun haben sie die Bedarfsmeldung nachgereicht – für August 2014. Bis dahin müssen die Großeltern ran: Eine Oma kommt zweimal wöchentlich aus Solingen, um den Enkel zu betreuen.