Das neue Asylkonzept der Stadt scheidet die Geister seit Wochen. Flüchtlingsorganisationen als auch Kirchen haben es scharf kritisiert und die politische Mehrheit verweigerte den vorgeschlagenen Neuregelungen des Sozialdezernenten Peter Renzel bislang den Segen. Doch jetzt gibt es auf einmal vernehmlichen Applaus. Nur kommt der von der falschen Seite: Die rechte deutsche Kleinpartei „Pro NRW“ sieht die Vorschläge des CDU-Beigeordneten als durchaus geeignetes Vorbild für andere Kommunen, um „die Anreize zur Einwanderung von Armutsmigranten zu verringern“. Im Rat der Stadt Leverkusen stand das Modell gestern sogar auf der Tagesordnung. Denn, so begründete die „Pro NRW“-Fraktion ihren dortigen Vorstoß, „die Einführung des Essener Asylkonzepts“ biete die Chance, „die finanzielle Belastung für die Stadt entscheidend zu senken“. Die Leverkusener sollten sich „zum Asylkonzept des Essener Sozialdezernenten und der Essener CDU-Fraktion bekennen“.

Auch wenn sie es nicht taten – diese Wahlkampf-Scharfschüsse haben ihr Ziel nicht verfehlt: Dass sich ausgerechnet Rechtspopulisten das Essener Asylkonzept zum Vorbild nehmen, sorgt für reichlich Empörung. Selbst bei den Kritikern: Die Flüchtlingsorganisation „Pro Asyl“ hat das Verhalten von „Pro NRW“ mit „Erschrecken“ registriert und Sozialdezernent Peter Renzel forderte die Parteivertreter auf, „weder das Essener Rahmenkonzept zur Unterbringung von Asylbewerbern, noch seinen Namen in ihren Pressemitteilungen, auf ihrer Homepage oder in Anträgen zu benutzen oder zu benennen“. Auch wenn’s beim Appell bleibt, weil die Stadt keine rechtliche Handhabe sieht: Es werde auf eine perfide Art und Weise versucht, gegen Ausländer Stimmung zu machen, sagte Renzel, der bereits vor Wochen gespürt haben dürfte, dass sich genau solche Munition in seinem Konzept versteckt. Denn das hat durchaus zum Ziel, den Zustrom von Asylbewerbern aus Serbien und Mazedonien, die in der Regel keinerlei Chance auf ausländerrechtliche Anerkennung haben, über geringere finanzielle Anreize zu begrenzen. Wie die NRZ berichtete, sollen den Neuankömmlingen, die zunächst in einer zentralen Unterkunft an der Worringstraße in Burgaltendorf untergebracht werden könnten, während der ersten drei bis sechs Monate Verpflegung, Wohnung, Heizung und Hygieneartikel lediglich als Sachleistungen gewährt werden.

„Pro NRW“ aber verbreite gezielt Unwahrheiten“, so Renzel, indem behauptet werde, dass das Konzept Essenspakete, -gutscheine oder -marken vorsehe. Das sei ausdrücklich nicht der Fall. In einer Erklärung der Stadt Essen heißt es, dass „alle Asylbewerber in allen Phasen menschenwürdig untergebracht und so schnell wie möglich auch die notwendigen Integrationsbemühungen organisiert werden“. Jedenfalls diejenigen, „die in vielen Fällen viele Jahre in Essen leben“.

„Weder die Stadtverwaltung, noch unsere Essener Bürgerinnen und Bürger lassen sich von rechtsextremen Kleinparteien vor den Karren sparren“, ist Renzel überzeugt, während die Kritik an seinem Konzept nicht abreißt. In einem Brief an Oberbürgermeister Reinhard Paß, die Fraktionsvorsitzenden im Rat der Stadt und die Mitglieder des Sozialausschusses fand zuletzt Alfred Keienburg von „pax christi“ im Bistum deutliche Worte: „Wir kritisieren vor allem die Maßnahme 1 des Unterbringungskonzeptes, die nach unserer Beurteilung in erster Linie der Abschreckung von Asylsuchenden dienen soll, die während der Wintermonate Schutz bei uns suchen.“