Essen. Auch zehn Tage nach dem Tod von Krupp-Unternehmer Berthold Beitz herrscht noch immer Trauer in der Stadt. Seit Tagen nutzen Essener die Möglichkeit, der Familie von Beitz einen letzten Gruß zu hinterlassen. An fünf Orten in Essen liegen Kondolenzbücher aus – die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung kommt kaum mit dem bereitstellen der Bücher hinterher.
Ein schwerer Tisch steht im Rathausfoyer. Darauf befinden sich ein Stift, ein Bild des Verstorbenen und natürlich ein Buch – das Kondolenzbuch für Berthold Beitz. Auch zehn Tage nach dem Tod des Krupp-Unternehmers herrscht noch immer Trauer in der Stadt, deren Ehrenbürger Beitz war.
Der Vorsitzender des Kuratoriums der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung war am 30. Juli, nur wenige Wochen vor seinem 100. Geburtstag verstorben. Bereits am frühen Vormittag steuern einige Essener in Richtung Kondolenzbuch. Manche laufen, andere schauen erst vorsichtig. Eine Frau beugt sich über den Tisch und blättert zunächst ein wenig, um sich dann selbst an den Tisch zu setzen und ihr Mitgefühl zu bekunden.
Enorme Nachfrage seitens der Bürger
„Ich bin im Grunde zufällig hier“, berichtet Helga Staniczek. „Herrn Beitz habe ich zwar nie persönlich getroffen, aber ich halte ihn für einen großartigen Menschen.“ Inzwischen haben sich viele Essener in den Kondolenzbüchern verewigt. „Wir kommen kaum mit dem Bereitstellen der Bücher hinterher“, berichtet Siftungs-Sprecherin Regine Solibakke. „In der Villa Hügel lag gestern das fünfte Buch aus, im Krupp-Krankenhaus in Steele sind bereits ähnlich viele Seiten vollgeschrieben.“
Viele Einträge stammen von ehemaligen Mitarbeitern, die in Beitz ein Vorbild sahen. Ein Mann eilt ins Rathaus, Regenjacke an, Kopfhörer im Ohr. Ohne nach links und rechts zu schauen, geht er auf das Buch zu und schreibt, „Sie waren mein Idol – ich bin traurig.“ Auch Oberbürgermeister Reinhard Paß und Uni-Rektor Ulrich Radtke haben sich bereits eingetragen.
Sehr persönliche Einträge
„Jemand schrieb, die Essener Juden bedanken und verneigen sich“, berichtet Thomas Glup, Mitarbeiter des städtischen Protokolls. Viele Einträge sind sehr persönlich, manchmal seitenlang. Glup erzählt, ihm sei aufgefallen, dass viele Besucher einen Text vorbereitet haben. Andere würden sich das Bild des Verstorbenen ansehen und wieder andere unterschrieben einfach nur kurz.
„Mich hat die Menschlichkeit von Herrn Beitz immer beeindruckt. Im Gegensatz zu vielen anderen Managern standen für ihn die Mitarbeiter im Vordergrund“, sagt Klaus Fiedler, der lange Zeit bei einem Werkzeug-Unternehmen der Krupp-Gruppe gearbeitet hat. „Sie haben stets versucht, das Optimum für den Menschen herauszuholen“, schreibt er in seinem Eintrag, dann steht der 65-jährige Essener auf, nimmt seinen Einkaufsbeutel und verlässt das Rathaus.