Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass das „Bürgerbegehren“ gegen den Teilneubau der Messe eher Parteibegehren heißen sollte, dann ist er seit gestern erbracht. Mindestens zwei der drei gestern vorgestellten Vertretungsberechtigten sind klar Linken und Grünen zuzuordnen, Herbert Bußfeld sitzt sogar für die Linken in einem Stadtteilparlament. Nachgewiesenen ökonomischen Sachverstand besitzt keiner der drei, zum Thema Messe sind sie ebenfalls bisher wahrnehmbar nicht hervorgetreten. Wenn es nicht so despektierlich klänge, müsste man von Strohmännern und -frauen reden. Wenn das alles ist, was Grüne und Linke an bürgerschaftlichem Anti-Messe-Engagement mobilisieren können, muss einem um die Messe Essen nicht sonderlich bange sein, so könnte man jedenfalls spötteln.
Leider wäre das zu optimistisch. Vielmehr deutete sich schon gestern an, dass keine Parole zu simpel sein wird, um dem Vorhaben zu schaden. Da bei diesem Thema mit Diskussionen hart an der Sache keine Emotionalisierung möglich ist - dazu ist es zu komplex - droht der tiefe Griff in die Populismus-Kiste. An jedem unsanierten Schul-Klo, an jedem Sportplatz, der bisher vergeblich auf Kunstrasen wartet, wird die Messe schuld sein, die das ganze schöne städtische Geld einsackt. Das mag eingängig sein, ist aber in jedem Fall viel zu kurz gedacht. Ohne eine ökonomische Basis - und die Messe leistet da einiges - gibt’s auch nichts zu verteilen für Soziales oder andere schöne Dinge. Die Linken werden das nicht mehr begreifen, ein professorales Forscherleben als Erziehungswissenschaftler mag für solche Zusammenhänge auch nicht die beste Voraussetzung sein. Von den Grünen hätte man bis vor kurzem mehr erwartet, doch waren die Vernünftigen unter ihnen wohl irgendwann nicht mehr in der Lage, die Anti-Messe-Dynamik zu stoppen.
Was stört ist das Fehlen von gangbaren Alternativen, sieht man ab von Allgemeinplätzen wie „modularem Ausbau“, die sich praktisch aber als nicht realisierbar erwiesen. Auch an dieser Stelle sind ja vielfach Zweifel an Details der Messe-Pläne geäußert worden, und manches, was unsinnig erschien, konnte dank der öffentlichen Diskussion verändert und wohl auch verbessert werden. Und natürlich bleiben Risiken, auch finanzieller Art. Zum jetzigen Zeitpunkt aber alles wieder anzuhalten, wie es die Links-Grünen wollen, ist ein größeres Risiko. So spielt man mit Essens Zukunft.