Essen. . Der Tod von Berthold Beitz bewegt die Menschen. Seine Verdienste um die Firma Thyssen Krupp undvor allem um die Stadt rechnen die Essener dem Krupp-Patriarchen und Stiftungs-Chef hoch an.

Wie jeden Tag sitzt er in seinem Kabuff, lässt die Mitarbeiter und Besucher der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, der Villa Hügel und des Hügelparks aufs Grundstück. Aber es ist kein Arbeitstag wie jeder andere für den Pförtner im Torhaus. Einen Tag nach der offiziellen Bekanntgabe des Todes des Krupp-Patriarchen Berthold Beitz ist alles anders. Nur vereinzelt sind es vor allem Besucher aus München, Freiburg oder Frankfurt, die sich auf dem Gelände und in der Villa umsehen. Essener bleiben ihr am Donnerstag fern, wehen doch die Fahnen hier und vor dem Neuen Gästehaus – dem Sitz der Stiftung – auf Halbmast. „Man spürt, dass es nun nicht mehr so sein wird wie früher“, seufzt der Pförtner. Mit dem Tod von Berthold Beitz „hätte doch keiner gerechnet, so kurz vor seinem 100. Geburtstag“. Er hat für den Stiftungschef nur gute Worte übrig. Und auch die, die in tiefer Trauer über das Gelände streifen.

Elisabeth Scheepers sitzt vorm Kleinen Haus der Villa und liest. Sie ist ganz in ihr Buch vertieft, bemerkt aber doch, dass hier und da eines der Stiftungsfahrzeuge eilig über die Zufahrt rollt. Zu erkennen sind sie am „E-RZ“-Kennzeichen. „E-RZ-1“, das war das Erkennungszeichen des Stiftungschef. „Er war eine Institution in Deutschland, ein ganz wichtiger und auch gerechter Mensch“, sagt Scheepers. „Seine Würde und dass er auch im hohen Alter noch so aktiv ist, hat mich immer beeindruckt.“ Dass er es geschafft hat, das Familienunternehmen Krupp in einen weltweit agierenden Konzern umzubauen, beeindruckt Simon Reufels: „Er war maßgeblich am Strukturwandel Essens und des Ruhrgebiets beteiligt.“

Schützende Hand über der Klinik

„Was das soll, will ich von Ihnen wissen“, erinnert sich Klaus-Heinrich Rathjens noch gut an seine Frage an zwei Mitarbeiter des Krupp-Krankenhauses, die am Haupteingang die weiße Fahne mit den Krupp-Ringen auf Halbmast setzen. Das war am Dienstag. Ihre

Das neue Gästehaus, Sitz der Krupp-Stiftung.
Das neue Gästehaus, Sitz der Krupp-Stiftung. © WAZ FotoPool

erste Antwort habe er nicht richtig verstanden, oder nicht richtig verstehen wollen, daher erneut nachgefragt. „Berthold Beitz ist gestorben“, sagen sie erneut. Rathjens und einige andere Patienten, die vor der Klinik das schöne Wetter genießen, sind bestürzt. „Diese Nachricht hat sich in Kürze in der ganzen Klinik verbreitet“, sagt Rathjens.

„Oh nein, Herr Beitz ist gestorben. Das wusste ich ja noch gar nicht“, zeigt sich Ute Aufmkolk erschüttert, als sie vom Tod des Krupp-Patriarchen erfährt. „Und wir haben alle gehofft, dass er einen 100. Geburtstag erreicht“, sagt Aufmkolk, deren Kinder die Kita des Krupp-Krankenhauses besuchen. Wenn er in der Klinik lag und gepflegt wurde, „haben wir das meist mitbekommen. Er hat stets seine schützende Hand über das Krankenhaus, den Kindergarten und die anderen Krupp-Einrichtungen gehalten.“ Dass die Stiftung nun vielleicht andere Wege einschlägt, der oder die neue Stiftungs-Vorsitzende andere Prioritäten setzt, „davor haben die Mitarbeiter in den Häusern jetzt sicher Angst“.

Berthold Beitz
Berthold Beitz © WAZ FotoPool

Die Sorge, „dass nun einer kommt, der mit dem Ruhrpott nicht so verankert ist“, hat auch Caroline Batikova. Sie war früher Krankenschwester im Krupp-Krankenhaus und hat Berthold Beitz persönlich kennenlernen dürfen: „Es ist sehr schade, dass er so kurz vor seinem 100. Geburtstag von uns gegangen ist. Meine tiefe Anteilnahme gilt seinen Angehörigen.“ Bestürzt über den Tod von Beitz ist Karola Berkens, „denn ich bin eine alte Kruppianerin“. Für die Kruppsche Krankenkasse hat sie früher gearbeitet, auch in einer Wohnung der Firma gewohnt. „Er ist komisch: Berthold Beitz ist eigentlich ein Fremder und doch nicht fremd. Sein Tod ist mir sehr nahe gegangen, so wie damals, als Kennedy ermordet wurde.“ Mit seinem Tod habe Krupp eine Legende verloren.

Diana Xenakis arbeitet als Anästhesieschwester im Kruppschen und hat Beitz viel zu verdanken: „Er hat mich 1988 von Rumänien nach Essen geholt.“ Integration sei ihm wichtig gewesen. „Ich kann nur Gutes über ihn sagen“, so Xenakis. Dass sie und einige ihrer Landsleute heute in Essen arbeiten, sei nicht selbstverständlich. Nicht nur als Mensch sondern auch als Patient habe sie ihn erlebt. „Er war immer gut zu uns. Beitz hat den Patienten und der Klinik vieles über die Stiftung ermöglicht, was andere Kliniken nicht haben“, betont die 60-Jährige. Sei es in der Röntgenabteilung, der Anästhesie oder der Gynäkologie, „es ist Berthold Beitz zu verdanken, das das Krupp-Krankenhaus heute zu den besten Kliniken in Europa zählt.“