Schafft es die Initiative „Kulturgut“ doch noch über die Ziellinie? Neue Hoffnung schöpfen die Initiatoren aus einem Rechtsstreit. Zur Erinnerung: Gerade einmal 75 Unterschriften von Unterstützern fehlten „Kulturgut“ für ein Bürgerbegehren, mit dessen Hilfe der Rat dazu bewogen werden soll, bereits beschlossene Personalkürzungen bei diversen Kultureinrichtungen dieser Stadt wieder zurückzunehmen. 75 Unterschriften nach Lesart des städtischen Wahlamtes wohlgemerkt, denn das hatte 2719 von mehr als 16 000 Unterschriften, die „Kulturgut“ zur Prüfung eingereicht hatte, nicht akzeptiert - 372 davon, weil die Unterzeichner zwar Name und Adresse angegeben hatten, nicht aber ihr Geburtsdatum, weshalb die Initiatoren das gesetzlich geforderte Quorum knapp unterschritten.
Der Rat der Stadt erklärte das Bürgerbegehren deshalb für ungültig. „Kulturgut“ hat dagegen inzwischen Klage beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eingereicht.
Mit einem ähnlich gelagerten Fall beschäftigt sich derzeit das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster. Auch dieser dreht es sich um ein Bürgerbegehren und um Unterschriften, die - in diesem Fall die Gemeinde Rheda-Wiedenbrück - als „unvollständig“ zurückgewiesen hatte. Anders als noch das zuständige Verwaltungsgericht in erster Instanz kommt der 15. Senat des OVG Münster in einer ersten Einschätzung zu dem Ergebnis, dass die Unterschriften sehr wohl gültig sind.
Der entsprechende Passus in der Gemeindeordnung ziele darauf ab, dass der Unterzeichner zweifelsfrei als Bürger der Gemeinde identifiziert werden kann, erläutert der Vorsitzende Richter und Pressereferent am OVG, Ulrich Lau.
„Wenn ein Herr Peter Müller unterschrieben hat und unter der angegebenen Adresse nur ein Peter Müller gemeldet ist, darf man davon ausgehen, dass es sich um diesen Herrn Peter Müller handelt“ - auch wenn auf der Unterschriftenliste das Geburtsdatum fehlt.
Ein ähnlich gelagerter Fall
Noch hat das Gericht sein Urteil nicht gesprochen. Sollte es so ausfallen, wie die Kammer angedeutet hat, dürfte auch die Stadt Essen nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, so Lau. Einiges spreche dafür, dass von den 372 für ungültig erklärten Unterschriften ein großer Teil als gültig anerkennt werden müsste und das geforderte Quorum doch noch erreicht wird, kommentierte gestern die Linke. Womöglich stehe der Rat im September vor der Frage, ob er dem Bürgerbegehren beitritt und die Kürzungen zurücknimmt.