Essen. . Der Essener Marco Figgen hat eine neue Bestimmung in Lahnstein gefunden und plant Großes für Essen.
Der Mann ist Unikat und Unikum zugleich, ein Da- und Dortseinskünstler, der einst zwischen Essen und Thailand auf der Suche nach sich selbst mal in Höhlen, mal in Baumhäusern hauste. Einer, der auf lauter Entbehrungen blickte und doch viele Jahre das stille Meer sah. Lange Zeit schien Marco Figgen wie vom Erdboden verschluckt nach seiner Rückkehr aus Pattaya. Doch jetzt hat der kauzig knorrige Knabe von der Margarethenhöhe so mir nichts dir nichts beschlossen mal wieder aufzutauchen. Einfach so.
„Hallo, hier ist Marco. Kennse mich noch?“ Na klar: Er, der Welt bekanntester Bartmaler, der alle Rentner Thailands mit seinen bunten Werken versorgt haben will, bevor er aus Asien stiften ging, meldet sich lauthals von einem neuen Ort mit stillem Einkehr-Ambiente, wo er Unterschlupf gefunden hat. Auf dem Gelände des früheren Johannisklosters im mittelalterlichen Lahnstein, dort wo Lahn und Rhein sich glucksend vereinen, lässt der mittlerweile 58-Jährige neuerdings seine Gedanken fließen, die noch viel freier sind und denjenigen, der sich von ihnen einfangen lässt, am Ende in eine „Kulturerlebnis- und Besinnungsklause“ an der Stolzenfelsstraße führen soll. Nun gut, noch harrt das bescheidene Gewächshaus seinem Umbau zu derart Großem. Da hat der Marco den Salat – noch – und eine neue Bestimmung gefunden: Nicht nur als Bartmaler, sondern neuerdings auch als Schmuck-Eremit. Man kann ihn jetzt mieten, den Mann. Ihn in den Garten stellen, etwa um die Nachbarn zu beeindrucken. Es ist eine neue Geschäftsidee, die ganz bestimmt so zuverlässig verfängt wie die Haare seines in 20 Jahren auf zwei Meter Länge gewachsenen Bartes in einem Kamm.
Schmuck-Eremit? Nun, das sind Sonderlinge, die sich durch ganz besondere Eigenschaften auszeichnen. Zum Beispiel die, dass sie durch Nixtun Vieles erreichen. Ein Salär und regelmäßige Mahlzeiten dafür, dass man ab und an mal den Kopf aus der Hütte steckt, ist nicht der schweißtreibendste Job. Dass diese Art Hausangestellten seit rund 200 Jahren ausgestorben sind, kümmert einen wie Figgen nicht. Einen davon hat er wiederbelebt und nun die anstrengende Aufgabe, das Bartmaler-und-Schmuck-Eremit-in-einem-Körper-Sein Tag für Tag zu managen. Spannend für Lahnstein fand das allerdings der Boss der örtlichen Brauerei, Dr. Markus Fohr, der mit Marco Figgen eine Art Symbiose einging. Wie es genau passierte, wurde nicht überliefert. Doch da ward wohl ein kleines Wunder Bar aufs Köstlichste, als der Markus mit dem Marco und der Fohr mit dem Figgen und einer Flasche achtprozentigem Terminator-Starkbieres auf den Turm der alten Stadtmauer kletterten und sich zuprosteten mit Blick aufs alte Gewächshaus, wo künftig Gedanken statt Grünkohl gedeihen und sich freigeistige Künstler treffen sollen, und das Bart-Café nebenan, wo der Bartmaler höchstselbst und auf Leinwand zu erleben ist. Wäre doch schön. Also Prost. Wer es konventionell mag, für den ist auch was dabei: Es stehen Spachtel und Pinsel zur Verfügung, die der Figgen für zu einfältig hält, wenn er mal so richtig Farbe bekennen will. Als er nach Thailand kam, damals vor nunmehr 20 Jahren, da war er so arm, da hatte er auch keinen Pinsel mehr, nur seinen Bart. Auf den war Verlass.
Lahnstein hat ein Verlies, ein dunkles, doch das Gewächshaus ist lichtdurchflutet, es ist warm darin, 35 Grad, so mag’s der Marco, der sich dort für „geistreiche Gespräche“, innere Einkehr und gemeinsamen Austausch anbieten will. Schon mal mit einem Schmuck-Eremiten geschwätzt, für den die Spinnweben in den Ecken des Gewächshauses nicht nur „die Patina des Geistes“, sondern auch „Espenlaub-Filigran-Ziselittchen im Wind“ sind? Schade, dass sie ihr Dasein verlieren, wenn demnächst der Architekt aufräumt, Wände verputzt werden. Dann ist Figgen all den Schutt los, ist nicht mehr steinreich, hat nicht mehr Moos ohne Ende in den Winkeln, sondern ein schmuckes 290-Quadratmeter-Atelier, wo man den ganzen Tag nichts anderes zu tun hat, als bunte Bilder zu schauen - jedenfalls dann, wenn all die Künstler, Musiker, Maler, Performer, Autoren, Filmemacher, Fotografen oder Videokünstler den Weg nach Lahnstein doch nicht finden sollten. Dann kehrt Marco Figgen bestimmt bald zurück nach Essen. Denn er, der selbsternannte Visionär und Pionier der deutschen Rockmusik, hat hier Großes vor: Ein 20-Tage-Musik-Mega-Meeting in der Messe im Jahr 2015. Der Bart ist noch lange nicht ab.
Sonderlinge im Garten als Attraktion für die Gäste
Schmuckeremiten waren professionelle Einsiedler, die während des 18. und 19. Jahrhunderts englische Landschaftsparks als Angestellte bewohnten. Sie lebten für eine vertraglich festgelegte Zeit in eigens eingerichteten Eremitagen und hatten sich zu bestimmten Tageszeiten sehen zu lassen, um die Park-Eigentümer und deren Gäste mit ihrem Anblick zu unterhalten. Wer Marco Figgen buchen möchte: 0261-30009375.