1360 Spraydosen, 200 Liter Farbe und meterweise Klebeband. Der Einkaufszettel von David Hufschmidt und Ingo Ahlborn hat es in sich. Gemeinsam mit dem Jugendamt luden die beiden Essener Graffiti-Künstler die Elite der deutschen Sprayer-Szene an den Stadthafen nach Vogelheim. Unter dem Titel „Hafendampf“ verwandelten die Sprayer auf zwölf Brückenpfeilern und einer knapp 200 Quadratmeter großen Abschlusswand biederes Autobahn-Grau in ein einziges buntes Graffiti-Kunstwerk. Für die Essener war das Gestalten der Flächen unterhalb der A 42 ein absolutes Wunschprojekt.

„Wir sind immer auf der Suche nach Flächen für legale Graffitis“, sagt Gerd Dubiel vom Essener Jugendamt. „Schon länger hatten wir deshalb auch ein Auge auf den Stadthafen geworfen.“ Auch wenn das Gelände am nördlichen Stadtrand alles andere als zentral gelegen ist, seien die Brückenpfeiler die „ideale Fläche.“

Positive Rückmeldung

Entsprechend wenig Überzeugungsarbeit mussten David Hufschmidt und Ingo Ahlborn auch leisten, um die Spayer nach Essen zu lotsen. Ob aus Hamburg, Berlin oder Köln, ob Hobby-Sprayer oder professionelle Agentur - selten hatten Künstler soviel Platz um sich auszutoben. Vorgaben gab es nämlich keine. „Auch wenn die Ideen oft spontan kommen, will so ein Graffiti natürlich gut geplant sein“, erklärt Ahlborn. Bevor die ersten Tropfen Farbe auf die Wand kommen, werden Ideen und Entwürfe ausgiebig diskutiert. Um die vollen neun Meter Höhe komplett zu nutzen, haben sich einige Künstler sogar ihr eigenes Gerüst mitgebracht.

Ein halbes Jahr lang haben die beiden den „Sprayjam“ geplant. Als im Stadthafen bei Livemusik und Grillgeruch endlich gesprüht wird, ist ihnen die Erleichterung anzusehen: „Die letzten zwei drei Wochen waren ganz schön stressig“, so Ahlborn. Gelohnt hat sich der Aufwand allemal. „Die Rückmeldung von den Sprayern hier vor Ort ist positiv. Jetzt, wo alles läuft, haben auch wir endlich die Ruhe selbst zu sprayen.“

Die Motive der Künstler könnten dabei unterschiedlicher kaum sein. Vom klassischen Graffiti-Schriftzug der 1990er, über den kleinen Ruhrgebiets-Comic bis hin zum großflächigen Kunstwerk mit aktueller politischer Botschaft. Facettenreichtum, der auch im Graffiti der beiden Essener zu finden ist. Auf zahlreichen kleinen Kacheln sollen die klassischen Motive der Graffiti-Geschichte verewigt werden. „Am Ende“, so Ahlborn „wird es eine einzige wilde Collage.“