Essen. . Die Stadt Essen will weitere Hürden auf dem Weg zu mehr Integration abbauen. So soll unter anderem die Verwaltung “nachhaltig interkulturell“ geöffnet werden. An erster Stelle bleibe aber das Leistungsprinzip. Migranten müssten den allgemeinen Anforderungen genügen, und zwar auch bei der Sprachkompetenz.

Migranten als Beamte oder Angestellte in Stadtämtern - das ist immer noch selten, und mancher hält dies für eines der großen Hindernisse auf dem Weg zu mehr Integration. Die Stadt will daran etwas ändern und beteiligt sich an einer Initiative des Landes NRW mit dem Ziel, Verwaltungen „nachhaltig interkulturell zu öffnen“, wie es heißt. Eine „positive Diskriminierung“ von Migranten, also eine Bevorzugung gegenüber anderen Bewerbern, lehnt Personaldezernent Christian Kromberg allerdings strikt ab. „Es gilt an erster Stelle das Leistungsprinzip“, so Kromberg. Migranten müssten den allgemeinen Anforderungen genügen, und zwar auch bei der Sprachkompetenz. „Das ist hier eine deutsche Verwaltung, und so bleibt es auch.“

Aufbrechen will Kromberg aber die Neigung, im eigenen Saft zu schwimmen. „Sie finden im Rathaus ganze Familien, wo vom Opa bis zum Enkel alle bei der Stadtverwaltung sind oder waren.“ Es gehe nicht zuletzt darum, gegenüber den Migranten-Milieus mehr Offenheit zu demonstrieren, sie aufzufordern auch die öffentliche Verwaltung als Arbeitsplatz überhaupt in Betracht zu ziehen. „Viele glauben, sie müssten die deutsche Staatsbürgerschaft haben, aber das gilt natürlich nur für die Beamtenlaufbahn.“

Kundschaft hat oft einen Migrationshintergrund

Genaue Zahlen hat Kromberg nicht, sicher sei aber: Der Anteil von Migranten an der Essener Bevölkerung ist weit höher als ihr Anteil unter den Rathaus-Bediensteten, der auf etwa fünf Prozent geschätzt wird. Da also die Rathaus-Kundschaft häufig einen Migrationshintergrund hat, wäre es wünschenswert, wenn auch auf der anderen Seite des Schreibtisches öfter jemand säße, der Kenntnisse über die kulturellen Prägungen seines Gegenübers besitzt, meint Iris Kaplan-Meys, die für die Regionalstelle für Kinder und Jugendliche aus Zuwandererfamilien (RAA) am Konzept mitarbeitet. „Viele Missverständnisse lassen sich vermeiden, wenn mein Gegenüber weiß, wovon ich rede.“ In Bürgerämtern, aber auch in Kindergärten und Schulen sei die interkulturelle Kompetenz von Migranten häufig gefragt – jedoch selten zu finden.

Kromberg hat ein Beispiel aus der Praxis: Wenn die Feuerwehr einen medizinischen Notfall behandele, sei es üblich, dass der Notarztwagen erst vor Ort bleibe, um den Patienten im Wagen zu stabilisieren. Wenn der Patient türkischstämmig ist, gebe das mitunter Ärger bis hin zu Handgreiflichkeiten. Des Rätsels Lösung: „In der Türkei gibt es im Wagen meist keine medizinische Ausrüstung, und deshalb geht es sofort los ins Krankenhaus.“ Ein türkischer Feuerwehrmann könnte in solchen Fällen besser aufklären und Vertrauen schaffen, allerdings auch Grenzen deutlich machen: „Wir arbeiten so, wie es in Deutschland üblich und richtig ist.“