Ein möglicher Kauf des Müllheizkraftwerkes (MHKW) in Karnap durch die Städte Essen, Bottrop und Gelsenkirchen wird in der Politik zunehmend mit Skepsis betrachtet. Der Rat der Stadt wird darüber nicht wie ursprünglich geplant in der kommenden Ratssitzung entscheiden, sondern frühestens im September. Der Rat der Stadt Bottrop hatte eine Entscheidung bereits am Dienstag zurückgestellt.

Derweil sind inzwischen erste konkrete Zahlen durchgesickert. 68 Millionen Euro soll der Betreiber RWE für die Anlage verlangen. Weitere 17,5 Millionen Euro sollen die Städte für die Betriebsführung zahlen. Da sie selbst nicht über das entsprechende Know how verfügen, müssten sie diese Leistung „einkaufen“. Hinzu kämen weitere sieben Millionen Euro für die Instandhaltung und Versicherungen.

Stadtkämmerer Lars-Martin Klieve will diese Zahlen weder bestätigen noch dementieren, betont aber, dass es sich lediglich um einen Zwischenstand handele. Dass beide Seiten noch nicht handelseinig sind, liegt auf der Hand. Mehr als weitere drei Monate werde sich die Stadt für die Verhandlungen seiner Einschätzung nach nicht nehmen, so Klieve.

Der Veraschungsvertrag mit RWE läuft Ende 2014 aus. Die Karnap-Städte stehen deshalb vor der Frage, ob sie ihren Müll zur Verwertung europaweit ausschreiben oder ob sie das Müllheizkraftwerk in Eigenregie übernehmen. Mülheim und Gladbeck haben sich dagegen ausgesprochen, sie steigen aus dem Städte-Verbund aus. Auch im Rathaus liegt ein Plan B, eine europaweite Ausschreibung, bereits in der Schublade.

Kaufen oder nicht? Für die drei verbliebenen Karnap-Städte ist diese Entscheidung mit Unsicherheiten verbunden. Rechnet sich der Betrieb? Dass zukünftig weniger Müll für eine energetische Verwertung zur Verfügung stehen wird, wie sie in Karnap seit 1987 betrieben wird, darf als sicher gelten. Die EU macht Druck in Sachen Recycling. Nach Berechnungen des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts könnte die Müllmenge für die Verbrennung bis 2020 um bis zu elf Prozent zurückgehen.

Auch vor diesem Hintergrund wollen Essen, Gelsenkirchen und Bottrop nur drei der vier Karnaper Öfen befeuern, wodurch die Rentabilität der Anlage erheblich sinkt, wie Kritiker anmerken.

Das Umweltministerium will in Kürze eigene Prognosen zur Entwicklung des Müllaufkommens in NRW vorlegen. Die Landesregierung arbeitet zudem an einem Gesetzesentwurf, wonach Abfälle zur energetischen Verwertung künftig den Verbrennungsanlagen zugewiesen werden sollen. Sollte es so kommen, dürfte dies die Städte in einer Kaufentscheidung eher bestärken.

Wie auch immer die Entscheidung der Städte ausfallen wird - so günstig wie heute werden sie ihren Müll ab 2015 nicht mehr los. Die Müllgebühren werden steigen. Den Anteil der Veraschungskosten beziffert Klieve auf 10 bis 15 Prozent.