Es ist eine trockene Erkenntnis: Mit einem „Saufraum“ allein wird niemand die Essener Trinkerszene von der Straße bekommen. Deshalb ist es verständlich, wenn die Stadt damit hadert, schlicht nach Dortmunder Vorbild zu handeln. Zumal das Fazit einiger Essener nach einem Besuch auf dem dortigen Nordmarkt eher ernüchternd ausfällt: „Es ist genau so voll wie sonst.“ Die hiesige Situation ist eine andere: Bei uns gibt es nicht den einen zentralen Trinker-Treff, sondern viele kleinere, die sich für eine Großstadt verträglich über die City – siehe Kopstadtplatz oder Willy-Brandt-Platz – und auf die Stadtteile verteilen. Das Pilotprojekt der Suchthilfe ist unterm Strich ein vielversprechender Ansatz, der neue Erkenntnisse gebracht hat. Doch ist das Glas des Erfolgs allenfalls halbvoll, wenn man nicht nur die Klientel des Krisencafés an der Hoffnungstraße, sondern die ganze Stadt in den Focus nimmt. Um in der Fläche Wirkung zu erzielen, sind jetzt auch andere Träger mit sozialer Verantwortung gefragt, an weiteren Stellen vergleichbare Angebote zu schaffen. Doch selbst mehrere Einrichtungen dieser Art, die einen kontrollierten Konsum leichter Alkoholika erlauben und Hochprozentiges vor der Tür lassen, sind kein Garant für eine szenefreie Stadt. Wer etwas anderes behauptet, schenkt seinen Bürgern keinen reinen Wein ein. (j.m.)