Er wird mit Klavier-Legenden wie Vladimir Horowitz verglichen, er gilt als „Super-Virtuose“. Marc-André Hamelin gehört seit seinem Sieg im Carnegie-Hall-Musikwettbewerb 1985 zur Spitzenriege der internationalen Pianisten. Werner Häußner sprach mit dem Kanadier, der am 29. Juni den diesjährigen Preis des Klavier-Festivals Ruhr entgegennimmt und in der Philharmonie ein Konzert spielt.

Sie haben schon viele Preise erhalten. Was bedeutet Ihnen der Preis des Klavier-Festivals Ruhr?

Ich habe bisher acht Mal beim Klavier-Festival gespielt, und es war immer eine fabelhafte Erfahrung. Der Preis ist eine Ermutigung. Pianisten arbeiten oft sehr einsam, da ist es wichtig, Bestätigung zu erfahren. Ein solcher Preis zeigt mir, dass mein Werk anerkannt wird, meine Arbeit nicht umsonst ist.

Sie komponieren auch, und das Klavier-Festival hat Sie mit einem neuen Werk beauftragt. Es heißt „Barcarolle“. Was hören wir?

Schwer zu beschreiben. Ich wollte eigentlich keine Programm-Notiz dazu verfassen. Die Zuhörer sollen es frisch und unbeeinflusst hören. Also nur so viel: Es ist vielleicht das düsterste Stück, das ich je geschrieben habe.

Warum haben Sie es mit der weithin unbekannten „Nachtwind“-Sonate von Nikolaj Medtner und der frühen f-Moll-Sonate von Johannes Brahms kombiniert?

Dafür gibt es keinen besonderen Grund. An die Sonate von Medtner glaube ich fest; sie ist eines der unentdeckten Meisterwerke der Klavierliteratur.

Sie graben gern verschollene Werke aus.

Ja, ich will sie ins Bewusstsein des Publikums und der Pianisten zurückbringen. Zum Glück ermöglicht die CD, die dunklen Ecken des Repertoires zu erkunden. Ich nehme gerne solche Werke auf, nicht weil sie rar sind, sondern weil ich an ihren Wert glaube.

Auch die Brahms-Sonate ist nicht häufig im Konzert zu hören.

Brahms wusste, wie man Ideen auf dem Klavier ausdrückt. Er schreibt mit unglaublicher Kraft für das Instrument. Die f-Moll-Sonate ist ein Frühwerk, aber mancher Komponist wäre froh gewesen, hätte er so etwas am Ende seines Lebens geschrieben. Mich hat das Stück schon als Teenager fasziniert. Deshalb habe ich es aufgenommen.