„Kubus oder Kuppel“: Ausstellung in der VHS beschäftigt sich mit der vielfältigen Architektur von Moscheen und diskutiert Fragen der Stadtentwicklung
Deutet man die Bilder von Mustafa Sentürk, braut sich am interkulturellen Himmel über Deutschland einiges zusammen. Dramatisch-düster hängen die Wolken über Sentürks Fotografien, die Moscheen im Ruhrgebiet zeigen: die Mülheimer Fatih-Moschee in einer alten Lederfabrik oder die Dortmunder Osmangazi Moschee in der umgebauten Neuapostolischen Kirche. Meist nüchtern im äußeren Erscheinungsbild, aber im Inneren von schönem ornamentalem Reichtum. 371 Gebetshäuser, so haben es die Macher des Museums für Architektur und Ingenieurkunst (M:AI) ermittelt, gibt es in NRW. Viel davon versteckt in Hinterhöfen und auf alten Industriegeländen und dabei immer viel mehr als nur Gebetshaus, sondern Treffpunkt, Teestube, Bildungsort.
Für M:AI-Generalkuratorin Ursula Kleefisch-Jobst war es deshalb keine Frage, dass die Ausstellung „Kubus oder Kuppel. Moscheen. Perspektiven einer Bauaufgabe“ ins Ruhrgebiet gehört. Hier leben etwa ein Drittel der bundesweit 4,3 Millionen Muslime.
Wichtige städtebauliche Aufgabe
Auf die repräsentative, architektonisch herausragende Moschee mussten sie indes lange warten. Köln hat die größte Zentralmoschee Deutschlands bauen und damit ein Zeichen für gelungene Integration setzen wollen. Das Ergebnis waren jahrelange Streitigkeiten um Kosten und Baumängel
Dass es auch anders geht, zeigt die Ausstellung in der Volkshochschule, wo in vier Kapiteln Auskunft gegeben wird über die Entwicklung verschiedener Formensprachen weltweit, über den Umgang mit historisierenden Formen und moderner Architektur, über bauliche Vielfalt wie über kulturelle Anpassung. Da gibt es auch radikale Entwürfe wie Etimesgut Camii, die auf einem Militärstützpunkt bei Ankara eher an einen Bunker denn an eine Moschee erinnert. Von Singapur bis ins bayerische Penzberg geht die Reise, wo die gelungene kubische Architektur auch viel Zuspruch der nicht-muslimischen Bewohner fand
Andreas Goldberg vom Zentrum für Türkeistudien kennt die Fragen und Ängste, wenn es um den Bau einer neuen Moschee geht, wie derzeit auch in Essen. Dennoch hält er den Umgang mit religiösen Bauten für eine große städtebauliche Aufgabe der Zukunft. Seit Deutschland für viele Muslime keine Heimat auf Zeit mehr sei, wachse der Wunsch nach identitätsstiftenden Orten, die mehr als Behelfslösung seien, wie auch nach muslimischen Friedhöfen.
„Lieber zwei, drei große Moscheen als 20 kleine im Hinterhof , sagt Goldberg und verweist auf Beispiele wie die Merkez Moschee in Marxloh, heute ein beliebter Ort der Begegnung und des Austauschs, nicht nur für Muslime. Die VHS-Ausstellung, hofft nicht nur Direktorin Friederike Brunnbauer, soll eine offenere und sachliche Debatte dabei begleiten.