Irgendwie war der berufliche Weg für Leon Reichert schon vorgezeichnet. Als Kind zweier Vollblutschauspieler schnupperte er bereits als Dreikäsehoch Theaterluft und fand schnell Gefallen daran, verkleidet auf der Bühne zu stehen. Weder das unstete Leben der Eltern, mal bei Dreharbeiten in München oder Hamburg, mal in Düsseldorf auf der Bühne oder auf Tournee durch die ganze Republik, noch die finanziellen Unsicherheiten eines freiberuflichen Schauspielerdaseins können ihn abschrecken. Selbst die ersten Absagen der Schaupielschulen, an denen er sich beworben hat, nehmen dem 22-Jährigen keineswegs den Mut.

„Das ist auch gut so. Leon soll genau das machen, woran er glaubt und Freude hat“, sagt Vater Lutz Reichert. Und Leon glaubt fest an sich. Spätestens seit er gemeinsam mit Vater Lutz und Mutter Kerstin Gähte im Rathaustheater im aktuellen Stück „Alles auf Krankenschein“ spielt, ist er vom Theatervirus infiziert.

„Als ich erfahren habe, dass wir zum ersten Mal mit Leon spielen, war ich euphorisch“, erinnert sich Vater Lutz. Doch das Glücksgefühl wich schnell einer nervösen Angst. „Wir hatten tatsächlich nur drei Tage Zeit für die Proben.“ Selbst für Profis eine Herausforderung, doch wie mag es wohl für den Debütanten sein? Ein Gutes hatte die knappe Zeit: Die Familie hat schnell gemerkt, dass sie gut miteinander arbeiten kann; auch wenn es um Kritik geht, zieht sich keiner beleidigt zurück. Trotzdem: „Ich habe bei der Premiere gezittert und gebebt“, gesteht Kerstin Gähte. Zwanzig Aufführungen später hat sie das Talent ihres Sohnes überzeugt.

„Wir haben aber auch ein tolles Ensemble, das wie eine große Familie zusammenhält“, sagt Leon Reichert. Neben dem Applaus genießt er besonders die gemeinsamen Nachhausefahrten mit den Eltern: „Dabei gehen wir den Abend noch mal komplett durch, lachen über vergessene Einsätze oder spinnen Ideen, wie wir das Stück noch verbessern können.“

Zuhause, das ist Düsseldorf, wo Leon Reichert noch brav bei seinen Eltern lebt. Nicht als verwöhnter Sohn, sondern als gleichberechtigter Wohngenosse, wie er versichert. So viel Harmonie macht stutzig, doch der Außenstehende spürt nach kurzer Zeit: Hier ist nichts gespielt oder künstlich erzeugt.

Dass sich das Familientrio vielleicht bald auflösen wird, wenn Sohn Leon an einer Schauspielschule angenommen wird, ist etwas, woran Kerstin Gähte noch gar nicht denken möchte: „Da wird mein Mutterherz bluten - aber auch furchtbar stolz sein.“