Erfahrene „638 Kilo Tanz“-Besucher kennen sie schon, die kleinen bunten Kugeln, die wohl aus dem Weihnachtsschmucksortiment stammen. Beim jährlichen Festival können die Zuschauer damit über den Publikumspreis abstimmen. Diesmal haben die leichten Kunststoffkugeln noch mehr Gewicht. Sie verraten die Gewinner des KuK-Awards. Die müssen bei der langen Nacht der „Kurzen und Knappen“ Choreographien einfach die meisten Kugeln absahnen.

Zum Aufmarsch der Tanzgiganten auf der Casa-Bühne im Schauspiel Essen erklingt die „Rocky“-Fanfare. Die beiden Moderatorinnen haben sich in Schiedsrichter-Schale geworfen. Jelena Ivanovic und Sabina Stücker mögen es gefällig und gesellig. Mit ihrem neuen Projekt „638 Schritte Tanz“, zu dem der KuK-Award den Auftakt bildet, wollen die beiden Essenerinnen nicht nur den Tanznachwuchs und die Nichtetablierten fördern, sondern auch neues Publikum für den zeitgenössischen Tanz begeistern. Diesmal also Tanz in Häppchen, insgesamt 14 Choreographien, keine länger als zwölf Minuten.

Es ist die Vielfalt, die den Abend auszeichnet. Ivanovic und Stücker haben das Programm nicht kuratiert. Sie haben der Veranstaltung einen Rahmen, aber keine künstlerische Richtung gegeben. Bewerben konnten sich Tänzer und Choreographen mit einem professionellen Hintergrund, die ersten 20 wurden eingeladen. Sie kommen aus Essen, Dortmund, Düsseldorf, Berlin und Freiburg.

Und die Gewinner? Größte Sympathieträger sind die drei Tänzer der inklusiven Tanzkompanie „Szene 2wei“ aus Essen. Ihnen gibt das Publikum nach etwa drei Stunden die meisten Kugeln (und damit den mit 1000 Euro dotierten ersten Preis). Mit seinem Ausschnitt aus „wir-nosotros“ stellt Choreograph William Sánchez T. die Frage nach Bewegung und Körperlichkeit neu – oder zumindest anders, indem er Abhängigkeiten austauscht.

Zweiter Sieger (600 Euro) ist Gao Shan von der Folkwang Universität. Der Tänzer und Choreograph überzeugt nicht nur durch technisches Können. Es ist sein mimischer Ausdruck, der auffällt, der seinem Tanz zu elektronischer Musik auch pantomimischen Charakter verleiht. Die Essener Choreographin und Tanzpädagogin Eloisa Mirabassi (dritter Preis, 400 Euro) hat sich für ihre „Ode an die lange Weile“ Laientänzer mit auf die Bühne geholt.