Extra aus Düsseldorf ist Ulrike Degenhard angereist, um sich über den Essener Wohnungsmarkt zu informieren. Mehr als acht Euro pro Quadratmeter Kaltmiete muss sie in der Landeshauptstadt mindestens bezahlen „und das nicht mal in einer besonders schönen Lage“, seufzt sie. Sie nutzt die Wohnungsbörse auf dem Willy-Brandt-Platz, um eine preiswertere Alternative zu suchen, in der sie ihr Alter verbringen kann.

Ob sie fündig wird, ist fraglich. Denn die Wohnungen, die auf der 11. Börse in guter Lage angeboten werden, sind eher hochpreisig. Wer eine modernisierte, barrierefreie Behausung in einer urbanen Umgebung sucht, möglichst mit Balkon oder Garten, wer Strom- und Heizkosten sparen möchte und deshalb auf Energieeffizienz Wert legt, muss auch in Essen tiefer in die Tasche greifen.

Das betrifft besonders die Leuchtturmprojekte, mit denen zum Beispiel Allbau und Vivawest auf der Börse werben. Das Uferviertel am Altendorfer Niederfeldsee, Pier78 am Berliner Platz, die senioren- und familienfreundliche Wohnanlage Neuhof in Katernberg oder der Johanniskirchgarten in Altenessen sind zwar gelungene Beispiele für die städtebauliche Entwicklung; Doch sie haben auch ihren Preis. Zwischen 10 und 15 Euro Warmmiete pro Quadratmeter sind fällig. Trotzdem ist die Nachfrage groß, sind die Objekte fast alle vermietet.

„Wir wissen, dass wir für eine neue, kleinere Wohnung umgerechnet mehr zahlen müssen als jetzt“, sagt das Ehepaar Schweier. Seit 52 Jahren wohnen sie in Rüttenscheid in der dritten Etage, zahlen für 80 Quadratmeter knapp 600 Euro. „Die Treppen sind einfach zu beschwerlich“, sagt Hannelore Schweier (80), „wir brauchen eine seniorengerechte Wohnung mit Aufzug oder im Erdgeschoss, möglichst im gleichen Stadtteil.“ Wie den Rüttenscheider Rentnern geht es vielen, die sich an den Ständen der zwölf Wohnungsbaugesellschaften drängen. „Bezahlbares Wohnen im Alter ist das Thema, das auch die Stadt beschäftigt“, sagt Rudolf Gruber vom Amt für Stadterneuerung. Für diesen Markt müsse noch, mit Blick auf die demografische Entwicklung, viel getan werden. „Da sind wir und auch die Wohnungsbaugesellschaften in der Pflicht.“ Besonders sozial geförderte Wohnungen sind Mangelware. Waren es noch über 100 000 in den 80er Jahren, sind es derzeit 17 000. Eine von diesen Sozialwohnungen sucht die vierfache alleinerziehende Mutter Katharina Buchholz. Zwischen all den Senioren fällt sie mit dem Kinderwagen und den beiden Teenagertöchtern auf. „Ich muss aus meiner Wohnung raus, sie ist zu teuer“, klagt die Hartz-IV-Empfängerin. 150 Euro soll sie laut Jobcenter ab nächsten Monat dazuzahlen, „das Geld habe ich nicht“. Sauber, ordentlich und nicht asozial sei sie, „doch wenn die Vermieter Hartz IV und vier Kinder hören, winken sie ab. Ich bin wirklich verzweifelt“, sagt sie.