Essen. 1,9 Millionen Euro hat sich die Stadt Essen den Umbau der Ruhrau-Schule in Steele kosten lassen. In die hellen Räume ist nun eine Kita mit Platz für 67 Kinder eingezogen. Die Umwidmung könnte ein Modell für den weiteren Kita-Ausbau in Essen sein.

Sabine Bouchbouk ist Profi, sie hat schon andere Kitas geleitet und viele Jahre Berufserfahrung gesammelt. Doch nun spricht sie von einer „aufregenden Zeit“, denn das hier ist auch für sie ein Novum: Die Kita Ruhrau in Steele, die sie seit April leitet und die an diesem Dienstag offiziell eröffnet wurde, ist in einem früheren Schulgebäude entstanden. Außerdem ist es seit 15 Jahren die erste städtische Kita, die neu geschaffen wurde. Für die Stadt ist das ein Signal, dass man beim zuletzt stark forcierten Kita-Ausbau zwar weiter auf die freien und konfessionellen Träger setzt – diese aber nicht allein in die Verantwortung nimmt.

Und so feiern sich hier auch die Spitzen von Politik und Verwaltung, der Sozialdezernent ist da und das Fernsehen auch. Krankheitsbedingt absagen musste Oberbürgermeister Reinhard Paß. An seiner Stelle wird der erste Bürgermeister Rudi Jelinek das 1,9 Millionen-Euro-Projekt loben, „das den Kindern ein vielfältiges Bildungsangebot macht – und ihnen auch genug Platz zum Toben und Klettern bietet“. Etwa auf dem 1600 Quadratmeter großen Außengelände, das zurückhaltend bepflanzt und mit Spielgeräten bestückt ist, die sich auch für die allerkleinsten Kinder eignen.

Kinder werden vom ersten Lebensjahr an betreut

An diesem Standort nämlich werden Kinder vom ersten Lebensjahr an betreut. Damit trägt die Stadt dem Umstand Rechnung, dass auch sie ab August einen Rechtsanspruch auf eine Betreuung haben: 67 Kinder sollen hier in vier Gruppen aufgenommen werden. Zum Vergleich: Wären die Kinder drei Jahre und älter, könnten in vier Gruppen 100 Kinder betreut werden.

Noch haben Bouchbouk und ihr Team den Luxus, das helle, weitläufige Gebäude mit nur 40 Kindern zu teilen, behutsam wird die Kita Ruhrau wachsen. Sie könnte Referenzprojekt werden für eine Stadt, die neue Kita-Standorte sucht. Die Schule nämlich sieht man ihr nicht mehr an. „Die Räume sind farbig gestaltet, aber nicht bunt“, sagt die Leiterin. Und dann dankt sie den Nachbarn, die von den aufwendigen Umbauten vor allem Lärm, Staub und Dreck mitbekommen haben. Das benachbarte Steeler Archiv war so arg in Mitleidenschaft gezogen, dass es monatelang schließen musste.

Am Dienstag aber taucht die Frühlingssonne alles in ein freundliches Licht. Selbst Heiner Bolle, der die Ruhrau-Schule bis zu ihrem Ende im Jahr 2011 geleitet hat, erwähnt nur am Rande, „dass es für uns immer so schwierig war, Gelder für die Instandhaltung des Gebäudes zu erhalten“. Fast 100 Jahre gab es die Ruhrau-Schule an diesem Standort , etwa 15 Jahre war Bolle ihr Leiter. Wenn er nun durch die umgestalteten Räumlichkeiten gehe, staune er, neidisch sei er nicht: „Ich lebe in Überruhr, bin in der Steeler Bürgerschaft aktiv und kann darum nur sagen: Schön, dass hier etwas so Tolles entstanden ist, dass hier neues Leben einzieht.“

Das Jugendamt stellt sich vor

Erst fünf Jahre ist es her, dass das Bistum zwölf seiner Kindergärten in Essen geschlossen hat und dass man angesichts der demografischen Entwicklung von einer weiteren Verringerung der Kitas in Essen ausgehen musste. Seither hat sich ein bemerkenswerter Wandel vollzogen: Spätestens seit feststeht, dass ab August 2013 auch Kinder unter drei Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz – in der Kita oder bei einer Tagesmutter – haben, arbeitet die Stadt mit Hochdruck am Kita-Ausbau.

So sollen im neuen Kita-Jahr 750 Kita-Plätze geschaffen werden; bevorzugt für Kinder unter drei. Für sie läge die Versorgungsquote dann bei 35 Prozent, für Kinder von drei Jahren bis zur Einschulung bei 96 Prozent. Beim Kita-Ausbau ist Essen auf freie Träger angewiesen, die bereits 75 Prozent der Kita-Plätze stellen. „Unseren Anteil von 25 Prozent wollen wir halten, darum erweitert die Stadt jetzt Einrichtungen oder baut neue“, sagt Mathias Bänfer, Abteilungsleiter im Jugendamt.

Als Signal für dieses neue Engagement passt die Eröffnung der Kita Ruhrau in Steele in die derzeit laufende Aktionswoche „Jugendamt. Unterstützung, die ankommt“. Im Rahmen dieser bundesweiten Kampagne will das Essener Jugendamt in diesen Tagen möglichst viele Facetten und Schwerpunkte seiner Arbeit präsentieren.