Essen. Alexandra Hölser und Tobias Erle helfen ein Jahr lang im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres in einer Kita. Während sie den Kindern Spiele und Sprache beibringen, lernen sie den Arbeitsalltag kennen. Die erste FSJ-Runde wird so gut angenommen, dass bereits über eine Ausweitung des Angebots nachgedacht wird.

Früher wollte Alexandra Hölser mal Tierärztin werden, nach dem Abitur hat sie sich für den Beruf der Grundschullehrerin interessiert. Auf einen Studienplatz wartet sie nun noch, daher nutzt sie die Zeit und arbeitet in der Kita in Katernberg. Alexandra Hölser macht ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ), das die Stadt erstmals in Kitas anbietet. Die wirbt so um Erzieher – die 19-Jährige bekommt Einblicke in den Berufsalltag.

Geregelte Arbeitszeiten und ein Acht-Stunden-Tag mit den Kindern, „sind ganz schön anstrengend“, sagt Alexandra Hölser nach neun Monaten. Vor allem aber macht es ihr große Freude, mit den Kindern den Stadtteil zu erkunden oder einkaufen zu gehen, und dabei über gesundes Essen zu sprechen. Auch die Sprache an sich ist ein großes Thema für Erzieher, weiß die 19-Jährige, kommen doch in der Kita 80 Prozent der Kinder aus Familien mit ausländischen Wurzeln. So wie der kleine Junge, dessen Eltern aus der Türkei stammen. Er kam am gleichen Tag in die Kita wie Alexandra Hölser, nur sprach er kein Wort. Sie hat ihn gewickelt, hat sich mit ihm beschäftigt und eine Beziehung aufgebaut. „Ich möchte Käse“, sagte er plötzlich beim Frühstück, denn er spricht richtig gut deutsch. Den Kindern helfen, sie zu fördern, das bestärkt die Dellwigerin in ihrer Berufswahl. Klappt es mit dem Studium nicht, hat sie bereits eine Ausbildungsstelle und wird Erzieherin.

Berufs-Alternativen im FSJ ausloten

Tobias Erle (21) lernt den Beruf in der Kita am Sachsenring kennen. Sein Wunsch war es, im Job mal etwas mit Menschen zu machen. Das hat er festgestellt, als er in der Ausbildung zum Fremdsprachenassistenten steckte. Die hat er abgebrochen, sich in Richtung Sozialpädagogik-Studium orientiert. Das hat auch bei ihm nicht gleich geklappt und so nutzt er das Jahr, um Alternativen auszuloten.

„Ich war total überrascht, wie offen die Kinder ganz ohne Berührungsängste auf mich zugehen“, sagt er. Das habe er sich schwieriger vorgestellt, weil viele der Kinder bei alleinerziehenden Müttern leben. Wenn er sich nun mit den Kindern beschäftigt, achtet er im Spiel etwa darauf, dass sie die Dinge benennen, er korrigiert Aussprache oder Artikel oder geht mit ihnen in den Wald.

Tobias Erle hat gelernt, dass Erzieher manchmal Geduld brauchen, dass sie mit weinenden und schreienden Kindern umgehen können müssen. Vor allem weiß er aber, wie viel Freude ein Beruf mit Kindern macht. Ob Erzieher nun in Frage käme? „Ich stelle es mir etwas schwierig vor, bei großen Gruppen, immer jedem Kind gerecht zu werden“, sagt Tobias Erle, den das FSJ auf eine neue Idee gebracht hat: Kinderkrankenpfleger.

Männer für den Erzieherberuf gesucht

Die Stadt bietet erstmals das Freiwillige Soziale Jahr in Kindertagesstätten an. So können die jungen Menschen in den Beruf hineinschnuppern, und die Stadt kann für diesen werben, sagt Peter Herzogenrath vom Jugendamt. Hintergrund ist dabei der Kita-Ausbau und der dadurch ebenfalls wachsende Bedarf an Erziehern.

20 Essener arbeiten seit September in den Kitas, lernen die veränderten Ansprüche und Anforderungen des Berufs kennen. „Früher wurde mehr gebastelt und gespielt, heute geht es verstärkt um Bildung, Sprache und ganzheitliche Erziehung“, erklärt Peter Herzogenrath. Gut wäre es auch, wenn sich mehr Männer als bislang für den Beruf begeistern könnten.

Nächste FSJ-Runde bereits ausgebucht

Die FSJ-ler bleiben nun ein Jahr, auch die nächste Runde ist ausgebucht. Es gibt bereits Überlegungen, das Angebot auszubauen. Das kostet pro Stelle rund 7000 Euro: 20 Prozent übernimmt das Bundesministerium für Familie, den Rest die Stadt. Das Geld fließt an die Jugendhilfe, die das Angebot betreut sowie Treffen und Blockseminare anbietet, bei denen es etwa um Religion, Hygiene und Konflikte geht. Ein Teil des Geldes („Taschengeld“) geht an die FSJ-ler.