Essen. Es ist das wohl kleinste und kultigste Museum in Essen und in seiner Kramladen-Atmosphäre der Gegenentwurf zum UNESCO-Glanz auf Zollverein: Sucht man Ruhrgebietskult, ist man im Bergbau und Heimat Museum in Altenessen genau richtig.
Es ist das wohl kleinste und kultigste Museum der Stadt – und wer sich im Essener Norden auf die Suche nach richtigem Malocherflair und Revierkult macht, der kommt am Bergbau und Heimat Museum des Essener Sammlervereins an der Altenessener Karlstraße am Fuße der Schurenbachhalde kaum vorbei.
Schon beim Eintritt wähnt man sich eher in einem Trödelladen. Auf einem Regal reihen sich Heilige Barbaras und Bergmänner. Ein Setzkasten vereint von Kohle-Uhr bis -klumpen, was man sich als Bergmann so alles aus dem schwarzen Gold in die Schrankwand stellen konnte. Vis-a-vis einer lebensgroßen Schaufensterpuppe im Knappenkittel, wahrscheinlich aus den 1950er Jahren, begrüßt den Besucher ein Plastikmann im orangenen Rettungsanzug der Grubenwehr. Man weiß gar nicht, wo man bei den nur 45 Quadratmetern Platz zuerst hinschauen soll.
Ein Stück Kultur verschwindet
„Es ist schon übersichtlicher, als bei der Eröffnung“, sagt Andreas Doczekala und rückt noch ein paar Grubenlampen gerade, von denen eine ganze Batterie an der Wand baumelt. Der Vorsitzende des Essener Sammlervereins tippt auf einen angegilbten Zeitungsausschnitt vom 15. Dezember 1973 im Glasrahmen: „Emil-Fritz schließt die Pforten“ steht hier zu lesen.
Das Ende der großen Altenessener Schachtanlage ist für die Bergbau-Nostalgiker vor Ort so etwas wie die Stunde Null. „Drei Tage vorher wurde ich geboren“, berichtet Andreas Doczekala, der selbst bis zum Jahr 2000 in verschiedenen Zechen beschäftigt war. Doch „seine“ Kultur, und ein bisschen auch die eigenen Wurzeln, die schwinden nun. „Wenn ich heute mit meiner Tochter durch den Norden laufe, ist von der Vergangenheit nicht mehr viel zu sehen“, sagt er.
Auf einen Kern von sechs aktiven Mitstreitern kann er zählen, die gemeinsam den Betrieb im Museum aufrecht erhalten, sich hier zwei Mal in der Woche treffen, auf Wunsch durch die bunte Kollektion führen oder in unregelmäßigen Abständen Schulklassen oder Kindergartengruppen von der „dunklen“ Vergangenheit berichten. Fast allesamt gehören die in die Kategorie „Jäger und Sammler“, haben auch die heimischen Keller und Garagen mit den Bergbau-Devotionalien vollgestopft. Denn nicht in der alles überstrahlenden Sonne des gar nicht so weit entfernten Weltkulturerbes ist dies Kleinod entstanden, bei dem alle Museumspädagogen die Hände über den Kopf zusammenschlagen würden – sondern im Schummerlicht der Trödelmärkte und Tauschbörsen.
Alte Trinkhalle als Domizil
Man schrieb das Jahr 2008, als einem gewissen Oleg Mironov nach zwölf Jahren Sammelleidenschaft die zahllosen Kleinodien in den Kellern endgültig über den Kopf wuchsen. Da der Arzt mit den Wurzeln aus Russland und dem Wohnsitz in Altenessen eine Handvoll Gleichgesinnte kannte, gründete man den Essener Sammlerverein und machte sich auf die Suche. Ausgerechnet in einer ehemaligen Bude wurde man fündig und stopfte die im Jahr 2010 so voll es ging.
„Wir haben uns mittlerweile nur noch auf Bergbau- und Stadtteilgeschichte konzentriert“, berichtet der heutige Vereinsvorsitzende Andreas Doczekala. Mironov hat mittlerweile eine Praxis in badem-württembergischen Bad Säckingen eröffnet, einen Teil seiner Schätze und auch wohl seines Herzens ließ er in Altenessen.
„Mittlerweile teilen wir beide uns die Miete des Ladens“, erläutert Doczekala. Das soll auf Sicht natürlich anders werden. In den kommenden Monaten soll der Sammlerverein aufgelöst und ein gemeinnütziger Bergbau- und Heimatverein gegründet werden. Dann kann man auf Spendenjagd gehen und die Bergbau-Bude mit noch mehr Leben füllen. Das sollte zu schaffen sein. Vergleichbare Pflänzchen, die auf richtiger Schlacke gewachsen sind, gibt es Revier nicht mehr häufig.