Ein diesiger Tag ohne klare Weitsicht. Nicht ideal für einen Rundflug. Aber man kann sich’s ja nicht aussuchen. Die Tickets haben die Rundflug-Passagiere im Voraus gekauft. Nun geht’s mit dröhnenden Motoren im vibrierenden Flieger auf 600 Meter Höhe – weit über der Stadt und doch niedrig genug, um Essen im Überflug mit 180 Km/h von oben genießen zu können.
Über Haarzopf, Bredeney und Rüttenscheid geht es, Villa Hügel und Baldeneysee ziehen unter uns vorbei, ebenso wie Kupferdreh und Werden. Weiter geht’s in Richtung Stadtmitte, über dem RWE-Stadion kreisen wir, sehen die Aluhütte Trimet und nur wenige Augenblicke später befinden wir uns über der Veltins-Arena auf Schalke und nehmen Kurs auf die City Gelsenkirchens.
Weit kann das Auge nicht schweifen, verliert sich im dichten Nebel. Doch unter uns erschließt sich das Ruhrgebiet aus einem neuen, einem eher ungewohnten Blickwinkel. So also sieht Bochum von oben aus. Weniger Hochhäuser als in Essen und zwischen all den Ballungszentren, was man so ja auch eher seltener sieht, liegt erstaunlich viel Grün. Immer wieder geht es über schnurgerade abgegrenzte Schrebergarten-Parzellen, über Gebäude, die man von unten schon dutzende Male sah. Das Essener Rathaus etwa, Bochumer Ruhrpark und in der Ferne, eben noch im Nebel erkennbar, machen wir das Dortmunder Westfalen-Stadion aus.
Seit 77 Jahren in der Luft
Doch was die Passagiere eigentlich begeistert ist dieses Gefühl, ein Stück Fliegerei-Nostalgie zu atmen. Seit 77 Jahren steht die Junkers, erbaut im Dessauer Werk der Brüder Wilbur und Orville Wright, im Dienste der Lufthansa. Höhen gab es für den Flieger und Tiefen, bis die „Tante JU“, alternativ nennt Flugkapitän Burkhard Feuerstein die Maschine „Alte Dame“, restauriert wurde und nun im Auftrag der Lufthansa-Stiftung für Rundflüge startet. „Genau so habe ich mir das vorgestellt“, sagt der Bochumer Siegmar Kassing zufrieden.
Von allein, so sagt er, wäre er nicht auf die Idee gekommen, den Rundflug zu buchen. „Aber als ein Bekannter mich gefragt hat, habe ich spontan zugesagt. Nun finde ich es sehr schön.“ So schön, dass er ein Erinnerungsstück braucht. Lächelnd hält er die DVD hoch. Darauf steht: „Only JU“. Und das wirkt, trotz schnörkeliger Schrift, in diesem Pionier-Passagier-Flieger plötzlich gar nicht mehr so verkitscht.