Für ihre Neubau-Absichten stellte die Messe Essen jetzt Pläne vor, die erheblich von den Ursprungs-Ideen abweichen. Dafür soll nun der Kostenrahmen von 123 Millionen Euro eingehalten werden. Was darüber hinaus geht, sollen Investoren bauen.
Die Zweifel an der Finanzierbarkeit des teilweisen Neubaus der Messe haben ihre Wirkung offenbar nicht verfehlt: Die Messe Essen stellte gestern dem Aufsichtsrat eine in weiten Teilen völlig neue Planung vor. Sie verzichtet darin auf teuren Schnickschnack und unrealistisch anmutende Investitionen und scheint nun in dem Kostenrahmen bleiben zu können, den der Rat der Stadt vorgegeben hat: 123 Millionen Euro netto.
„Das Ziel ist erreicht“, sagte Roland Weiss, bei der Messe Generalbevollmächtigter für das Bauwesen. Oberbürgermeister Reinhard Paß konnte als Vorsitzender des Aufsichtsrats vermelden, das alle dem Gremium angehörenden politischen Vertreter „einhellig“ von einer „eindeutigen Verbesserung gegenüber dem Wettbewerbsentwurf“ gesprochen hätten. Damit dürfte einem Beginn der Abrissarbeiten im Frühjahr 2014 (nach den großen Frühjahrsmessen) nichts Wesentliches mehr im Wege stehen, so Weiss gestern.
Eine der gravierendsten Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Architektenentwurf: Das erst 1992 fertiggestellte Messehaus Süd soll abgerissen werden. „Umbaute Luft“ nannte Messe-Geschäftsführer Egon Galinnis spöttisch das Haus aus der Ära des legendären Messe-Chefs Günther Claaßen, und Roland Weiss sah neben funktionalen Mängeln auch dies: „Das Messehaus Süd ist einfach hässlich.“ Einer von zwei wichtigen Messe-Eingängen wird hier auch in Zukunft sein, vor allem aber soll auf der Fläche des Süd-Hauses die neue Messe-Verwaltung entstehen, die wegen des bisher schon vorgesehenen Abrisses des Messehauses Ost eine neue Bleibe haben muss. Willkommener Nebeneffekt: etwas mehr Messehalle ist hier zusätzlich auch noch möglich.
Abschied genommen hat die Messe von dem Plan, diese neue Zentrale auf dem Dreiecks-Grundstück des jetzigen Parkplatzes P 3 zwischen Norbertstraße, Joseph-Lenne-Straße und Eduard-Lucas-Straße zu bauen. Hier ist vielmehr ein großes Parkhaus für maximal 850 Autos vorgesehen, mit dem die Messe ihre Parkplatzsorgen minimieren will. Genehmigungsprobleme wegen der benachbarten Wohnbauten sieht Weiss keine, eine Bauvoranfrage habe die Stadt bereits positiv beschieden.
Als „unumstößlich“ bezeichnete der Baubevollmächtigte zweierlei: Das neue „Gesicht“ der Messe am Haupteingang gegenüber der Grugahalle und die erhebliche bau-ästhetische Verbesserung der Hallen zum Grugapark hin. Hier soll es bei einer Glasfront bleiben, die Messe-Besuchern immer wieder Blicke in den Park gewähren, Gastronomie rundet das Bild ab. Auch für ein neues Kongresszentrum mit bis zu 2000 Plätzen fand sich eine Lösung, die stark vom Ursprungsentwurf abweicht (siehe Seite 4).
Dieses Kongresszentrum steht unter hohem Erfolgsdruck. Denn die 13 Millionen Euro Kosten für Verwaltungsgebäude und Parkhaus sind in den 123 Millionen Euro nicht enthalten, Investoren sollen die Errichtung dieser Bauten übernehmen. Die fällige Pacht soll über neu einzuwerbende Kongresse und Parkgebühren verdient werden.
„Die größte Investition der Stadt oder einer städtischen Tochter seit dem Bau des Rathauses.“ So skizziert OB Reinhard Paß gestern die Pläne der Messe, und das zeigt die Dimension, um die es geht. Neben dem Abriss des Messehauses Süd, sind das die wichtigsten Details:
Die Hallen
Das in Jahrzehnten zusammengewucherte Sammelsurium im Nordost-Teil der Messe wird durch vier neue, ebenerdige Großhallen ersetzt. Die altmodischen Doppelstockhallen sind dann Geschichte. Die Idee, die Decken der Hallen zu öffnen („Cabrio-Dächer“), wurde aus Kostengründen ebenso verworfen, wie innen liegende kleine Gärten („Gruga nebenan reicht“) oder ein gläserner „Skywalk“.
Parken
Das neue Parkhaus an der Norbert-straße, das ein Investor bauen soll, soll bis zu 850 Autos aufnehmen können. Zusätzlich gibt es eine Tiefgarage für 118 Autos unter dem Kongresszentrum. Eine Tiefgarage für „Kur vor Ort“ entfällt, dafür bleibt ein Teil des jetzigen Parkplatzes P 7 erhalten. „Das hat auch den Vorteil, dass wir im Grenzbereich zur Gruga weniger umbauen müssen.“ Auch kann die Zufahrtsrampe erhalten bleiben, vor dessen Antasten Baufachleute gewarnt hatten.
Das Kongress-Zentrum
Direkt am künftigen neuen Haupteingang an der Grugahalle entsteht auch ein Kongress-Zentrum, das Essen bislang in dieser Dimension nicht hat. Es wird ebenerdig eine große Halle für bis zu 2000 Besucher bekommen, die eine Glasfront zur Gruga besitzt und zusätzlich als Multifunktionshalle auch für Groß-Messen nutzbar sein wird. Mit diesem Kniff wird der Wegfall von Hallenfläche für den Parkplatz für „Kur vor Ort“ kompensiert. Zusätzlich gibt es im Untergeschoss - und damit fensterlos - drei weitere Kongress-Säle für bis zu 700 und zweimal jeweils für bis zu 400 Gäste. Das Kongress-Zentrum soll mit seinen Einnahmen helfen, die Miete für die neue Messe-Verwaltung auf dem Grundstück des abzureißenden Messehauses Süd zu verdienen.
Die Grugahalle
Um das neue Kongress-Zentrum in der Messe mit der gegenüberliegenden Halle zu verbinden, wird es einen unterirdischen, 20 Meter breiten Gang geben. An zwei Stellen soll es kleine gläserne Gärten geben, durch die Tageslicht in diesen Gang gelangt. Am Andockpunkt an die Grugahalle ist ein gläserner Kubus geplant. Kongresszentrum plus Grugahalle sollen das teure Aufstellen von Zelten etwa bei großen Hauptversammlungen künftig unnötig machen. Außerdem kann die bisherige Brückenverbindung zwischen Halle und Messe abgerissen werden - ein alter Gruga-Wunsch.
Die „Galeria“
Der schlauchartige Übergang, der bei der letzten Messe-Erweiterung um das Jahr 2000 Jahre recht aufwendig entstand, wird bereits wieder abgerissen und dient künftig der Lkw-Logistik für die neuen wie die alten Hallen. Vorteil: Andere Logistikflächen können überbaut werden, und die Messe Essen lässt sich bei Bedarf besser teilen, es können künftig leichter zwei Messe gleichzeitig stattfinden. Die Messe-Teile bleiben über mehrere Fußgängerbrücken miteinander verbunden.