In den vergangenen Wochen musste Bärbel Jaudschus regelmäßig in die enttäuschten Gesichter von Eltern blicken, die verzweifelt auf einen Kindergartenplatz gehofft hatten. Die Leiterin des Kindergartens Budenzauber am Wesselswerth ist in der diesjährigen Anmeldephase vor allem mit einem beschäftigt: Absagen aussprechen.
„Die Situation ist sehr schwierig“, sagt Jaudschus. „Viele Mütter sind in großer Not. Sie sind alleinerziehend oder noch im Studium und können ihren Alltag nicht aufnehmen. Immer sehe ich dieses Bitten in den Gesichtern.“ Doch tun kann sie nichts. Ihr Kindergarten ist seit Jahren überbelegt, die Nachfrage nach Plätzen bleibt sehr hoch – vor allem für Kinder unter drei Jahren und im Bereich der Ganztagsbetreuung.
Diese Tendenz ist repräsentativ für den gesamten Stadtteil. Zwölf Kindergärten und Kindertagesstätten gibt es in Werden, Heidhausen und Fischlaken, drei von ihnen sind privat organisiert, die restlichen werden kirchlich getragen. Ausgelastet sind sie alle.
Lange Wartelisten
Doch nicht nur die fehlenden Betreuungsplätze im Stadtteil sind ein Problem. Auch werden bestehende Kapazitäten oft nicht effektiv genutzt. Es gibt kein zentrales Anmeldesystem, die Eltern melden ihr Kind bei jedem Kindergarten einzeln an. Um die Chance auf einen Platz zu erhöhen, sind Mehrfachanmeldungen üblich. So wird es kurz vor Beginn des Kindergartenjahres im August unübersichtlich: Manche Kinder bekommen mehrere Plätze, andere gar keinen. Wartelisten werden angelegt, einige Kinder können nachrücken, viele gehen leer aus.
Einzelne Kindergärten arbeiten bei der Platzvergabe bereits zusammen. Aus Sicht von Detlef Symanski, dem Kinderbeauftragten des Bezirk IX, muss die Kommunikation aller Beteiligten aber unbedingt verbessert werden: „Durch mehr Rücksprache der Stadt mit den Leuten vor Ort wäre sicherlich viel mehr zu bewerkstelligen. Auch die Zusammenarbeit der Kindergärten untereinander müsste gefördert werden. Leider sehen sich die verschiedenen Träger oft als Konkurrenz.“
Dieses Hindernis sieht auch Monika Müll, Leiterin der evangelischen Kita an den Kliniken Essen Süd: „Natürlich will jeder in erster Linie seine Einrichtung aufrechterhalten. Bei weniger Nachfrage bekommt ein Kindergarten schließlich weniger Fördergeld.“ Sie wünscht sich gut organisierte Netzwerkarbeit: „Die Kitas müssten sich regelmäßig darüber austauschen, wer welche Kontingente hat.“ Ein zentrales System der Platzvergabe sei aber problematisch: „Es würde die Autonomie der Träger außer Kraft setzen, dagegen wehren sich die einzelnen Einrichtungen.“
Ein wenig entspannter sieht es bei den privaten Kitas aus. Diese sind in vielen Entscheidungen freier und aufgrund ihrer höheren Preise nicht ganz so überlaufen wie die kirchlichen Kindergärten. Von mangelnder Nachfrage kann aber auch hier keine Rede sein.
Die Kita Mäusezirkus am Frielingsdorfweg nimmt Kinder schon ab dem ersten Lebensjahr auf, für dieses Angebot sind viele Eltern dankbar. Viele von den ganz Kleinen muss Leiterin Susanne Hoffmann jedoch schon nach einem Jahr wieder gehen lassen: „Wenn woanders ein Platz frei wird, wechseln die Eltern vorsichtshalber lieber früher – weil sie Angst haben, für die folgenden Jahre sonst keinen Platz mehr zu bekommen.“
In die städtische Planung wurden die privaten Kitas bislang noch überhaupt nicht einbezogen. Erst ganz langsam beginnt die Stadt, die Betreuungssituation im Bezirk IX ganzheitlich in den Blick zu nehmen. „Es muss jetzt geprüft werden, was geht – vielleicht reichen die Räumlichkeiten sogar aus, und man braucht nur mehr Personal“, meint Symanski. Die Situation habe sich zuletzt vor allem dadurch verändert, dass neue Plätze für Kinder unter drei Jahren geschaffen worden seien: „Kleinere Kinder müssen natürlich intensiver betreut werden, dadurch nimmt die Zahl der betreuten Kinder insgesamt ab. In manchen Einrichtungen fallen so mal eben 30 Plätze weg. Da kann man wohl kaum noch von einer Neuschaffung reden.“
Vergleicht man die Kinderbetreuung in den Essener Stadtteilen, sieht es in Werden sogar noch positiv aus. „Es gibt insgesamt relativ wenige Absagen“, meint Wiebke Niemeier vom katholischen Kita-Zweckverband. Das bringt den Werdener Eltern, die wegen fehlender Betreuungsplätze für ihre Kinder nicht arbeiten gehen können, jedoch ziemlich wenig.