Essen. . Ulrich Radtke, Rektor der Uni Essen-Duisburg, erkennt im derzeit tobenden internen Streit am Uniklinikum bei einigen Akteuren selbstzerstörerische Tendenzen - und fordert in einem Brandbrief an Chefärzte und Institutsleiter „verantwortungsvolles Handeln“. Worum es bei dem Streit konkret geht, ist nicht so leicht auszumachen.

Als Folge des Machtkampfs am Universitätsklinikum zwischen einer Gruppe von Chefärzten einerseits und dem Ärztlichen Direktor Eckhard Nagel andererseits steht inzwischen das Ansehen der gesamten Einrichtung auf dem Spiel. Diese Sorge äußert der Rektor der Universität Duisburg-Essen, Ulrich Radtke, in einem ungewöhnlich harsch formulierten Brandbrief, der allen Institutsleitern zuging und auch der WAZ vorliegt. Ihm sei zugetragen worden, „dass die Destabilisierung der Leitungsstrukturen im Interesse von einigen wenigen Kollegen liegen soll“. Dies sei unverantwortlich und bedeute „in der Konsequenz eine Reputationsschädigung des Klinikums von nicht zu unterschätzendem Ausmaß“, so Radtke, der auch Mitglied im Aufsichtsrat des Klinikums ist. „In Zeiten des verstärkten Wettbewerbs im Gesundheitsbereich, aber auch unter den 32 deutschen Universitätsklinika zeigt dieses Verhalten eine selbstzerstörerische Komponente.“

Klare Worte, die zeigen, mit welcher Konfliktpartei Radtke wohl nicht sympathisiert: mit jenen 21 Chefärzten und Institutsleitern, die Nagel schriftlich die Brocken hingeworfen haben sollen mit der Bemerkung, sie seien nicht mehr willens und bereit, mit dem Ärztlichen Direktor zusammen zu arbeiten.

„Ein Chefarzt erhält nicht allein durch seinen Status eine innere Autorität“

Worum es dabei konkret geht, ist nicht so leicht auszumachen. Nagel soll einigen Chefärzten an die Pfründe und Privilegien gegangen sein, soll nicht profitabel arbeitende Bereiche zurückgefahren, dafür solche mit größerem Potenzial gefördert haben, heißt es. Er lehne ein veraltetes Verständnis von Autorität ab. Den Halbgott-in-Weiß-Anspruch kommentierte er bei einem öffentlichen Vortrag im Januar 2013 etwas spöttisch so: „Ein Chefarzt erhält nicht allein durch seinen Status eine innere Autorität.“

Der Neurologie-Professor Hans Christoph Diener fungiert als Sprecher der „Rebellen“-Gruppe und möchte dem Aufsichtsrat die Gründe für sein Verhalten persönlich vortragen. Dazu ist vielleicht morgen Gelegenheit, wenn das Gremium außerplanmäßig tagt. „Man hat mir mitgeteilt, ich möge mich bereithalten“, sagte Diener der WAZ. Die Vorwürfe sollen sich darum ranken, dass Nagel selten anwesend sei und darum falsche Entscheidungen treffe. Auch habe er den Fahrdienst der Uni in zwei Fällen beauftragt, private Fahrten für seine Familie zu übernehmen. Alles Unsinn und ein böses Intrigenspiel, kontert das Umfeld von Nagel. Solche Fahrten habe der frühere Aufsichtsratschef Jochen Melchior ausdrücklich schriftlich genehmigt - für den Fall nämlich, dass Nagel wegen terminlicher Verpflichtungen am Klinikum unabkömmlich sei. Und seine Anwesenheitsquote sei trotz vieler anderer Verpflichtungen vollkommen ausreichend. Fehler werfen die Kritiker dem Ärztlichen Direktor auch wegen der verzögerten Inbetriebnahme des Westdeutschen Protonenzentrums vor - auch hier allerdings ohne konkret zu werden.

Uni-Rektor Radtke steht der Schlammschlacht verständnislos gegenüber - und droht: Sollten der Uniklinik durch das Ausplaudern von Interna finanzielle Nachteile entstehen, „wird dies auch juristische Konsequenzen haben“. Radtke appelliert an alle Beteiligten, „verantwortungsvoll zu handeln“. Neben dem Ansehen des Klinikums gehe es um Arbeitsplätze in Krankenpflege und Forschung.