Dellwig. .
Alfred Kelbch lächelt. 26 Jahre lang hatte er hier, beim Gartenbauverein Dellwig, eine eigene Parzelle. Doch vor anderthalb Jahren musste er sie abgeben: „Mit über 80 Jahren geht das einfach nicht mehr.“ Nun wohnt er zusammen mit seiner Frau im Seniorenstift Martin Luther. Und eben dieses richtet gerade für seine gut 100 Bewohner einen barrierefreien Schrebergarten ein: Klar, dass Alfred Kelbch da mitmischt. „Ein bisschen mit ‚rumkröseln“ will er hier, grinst er und schnappt sich eine Harke. „Einige meiner Mitbewohner sind ja recht gebrechlich.“
Die Vorhaben werdennicht ganz billig
Noch ist der Garten, der sich nur ein paar Gehminuten vom Seniorenstift entfernt im Eingangsbereich des Gartenbauvereins Essen-Dellwig befindet, in der Mache: Hochbeete, die man auch bequem mit dem Rollstuhl beackern kann, sollen auf dem 400 Quadratmeter großen Areal angelegt werden. Wege, für die ein Rollator kein Problem darstellt, ein Sitzbereich mit Laubengängen, eine Obstwiese – und nicht zuletzt wird das Gartenhäuschen komplett renoviert. Eine Küche soll dort hinein und vor allem eine barrierefreie Toilette. „Für viele unserer Bewohner ist das zum Beispiel bei Gartenfesten, die sie hier besuchen, ein echtes Problem“, weiß Einrichtungsleiter Andreas Weischede. „Denn die normalen Toiletten sind oft zu eng.“ Im Fall der Fälle sei für jemanden, den ein Bedürfnis packt, die Party dann zu Ende, weil er zurück zum Stift müsse – und sich dann meist nicht nochmal aufmache. Ein Problem, das mit der neuen, rollstuhlgerechten Gartentoilette der Vergangenheit angehören soll.
Ganz billig werden all diese Vorhaben allerdings nicht: Um die 25 000 Euro müsse das Seniorenstift insgesamt für die Realisierung des barrierefreien Schrebergartens in die Hand nehmen. „Wir hoffen auf Sponsoren, die uns bei der Finanzierung unterstützen“, so Weischede. Dafür sei der Garten ein echtes Pilotprojekt: „Meines Wissens gibt es nichts Vergleichbares in ganz NRW.“
Die Idee zu dem Gartenprojekt kam vor zwei Jahren vom Haustechniker Michael Schüten: „Wir wollten etwas tun, um die Bewohner besser in die Nachbarschaft einzubinden“, sagt er. „Da ist so ein Garten ideal.“ Und Monika Dürr, Leiterin Öffentlichkeit und Soziales, sieht noch einige andere positive Aspekte: „Für Demenzpatienten möchten wir hier die Möglichkeit schaffen, vorhandene Fähigkeiten zu aktivieren und alte Erinnerungen wachzurufen“, betont sie. „Alle Sinne wie Sehen, Riechen, Schmecken und Tasten werden angesprochen.“ Zudem sei die schöne Umgebung ein Lebensraum zum Wohlfühlen, der für Entspannung sorge. „Eine Oase der Ruhe“ solle entstehen, der „Urlaub vor der Haustür“ ermöglicht.
Doch nicht nur Ausruhen, auch Aktivität ist gefragt: „Gemeinsam mit unseren Bewohnern werden wir Kräuter, Obst und Gemüse anpflanzen, ernten und genießen, Blumen pflanzen und Rundwege anlegen, wo sich Menschen sicher und frei bewegen können“, zählt Dürr auf. Darauf freut sich Erna Rütt besonders: „Ist doch gut, wenn man etwas zu tun und ein Ziel vor Augen hat“, sagt die 86-jährige Stiftsbewohnerin. Dass sie Erfahrung einbringt, steht für sie fest: „Schließlich habe ich lange einen eigenen Garten am Borbecker Mühlenbach besessen“, verrät sie.
In ein bis zwei Monaten sei der Schrebergarten fertig, hofft Dürr. „Endlich“, ergänzt er. Denn erst habe man knapp zwei Jahre warten müssen, bis eine geeignete Parzelle frei wurde, und dann habe der lange Winter die Arbeiten ziemlich verzögert. Doch jetzt ist das schöne Gartenfest, mit dem das neue Erholungsdomizil eingeweiht und die Grillsaison eingeläutet werden soll, zum Greifen nah. „Dann noch ein Kasten Bier“, lacht Alfred Kelbch, „und der Sommer kann kommen.“