Essen. . Politik gegen Plaudertaschen: Weil sie die Linken verdächtigen, Nichtöffentliches in Sachen Messe öffentlich zu machen, will die CDU vertrauliche OB-Runden boykottieren. Sogar der Messe-Bauausschuss wurde abgesagt.
„Hülsi“ ist sauer. Nach seiner festen Überzeugung haben die Linken mal wieder zur Unzeit gequatscht, haben nicht zum ersten Mal vertrauliche Dinge aus dem Bauausschuss der Messe „nach außen getragen“ und damit die „vertrauensvolle Zusammenarbeit“ bei der größten Einzel-Investition der Stadt seit Kriegsende „gefährdet“.
Also hat Christian Hülsmann, der zwar als Stadtdirektor pensioniert ist, unter anderem aber im Messe-Aufsichtsrat noch sehr aktiv mitmischt und seine Mails unter der Adresse huelsi@essen.de empfängt, kurzerhand die nächste Sitzung des eigens für das Projekt gegründeten Bauausschusses abgesagt. Mit dem Segen des Oberbürgermeisters übrigens.
Es ist nicht das erste Mal, dass den Linken offen die Rolle des Messe-Quertreibers angelastet wird: Als die NRZ Anfang Februar exklusiv aus jener vertraulichen Runde bei OB Reinhard Paß berichtete, in der die großen Parteien den Daumen über Messechef Frank Thorwirth senkten, hatte man prompt die Linke als Tippgeber in Verdacht. Mit der Folge, dass die Christdemokraten damals unverhohlen drohten: Wenn die Linksaußen mit von der Partie sind, kommt nur noch die zweite Garde zu den Treffen.
Reaktionen wie diese zeigen, dass die Messe mehr denn je in vermintem Gelände operiert: „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht nach draußen die falschen Signale aussenden“, sagt ein Aufsichtsrat, der nicht genannt werden will. Denn längst hat sich in der Branche herumgesprochen, dass der Messe-Standort Essen zumindest politisch Macken aufweist. So konnte man im „m+a report“, einem zweisprachigen Fachmagazin für die Messewirtschaft nachlesen, dass „Die Verantwortlichen im Rathaus alles andere als geschickt agieren und ein eher merkwürdig anmutendes Selbstverständnis haben“. Das eh schon angekratzte Image der Essener könne „keine weiteren Schrammen vertragen“.
Ob dazu auch gehört, dass die Stadt sich mit ihrer Neubauplanung an der Messe einer Zahl – 123 Millionen Euro Baukosten nämlich, mehr sitzt nicht drin – verschrieben hat, von der immer noch nicht klar ist, ob sie sich halten lässt?
Immer mehr sickert durch: Dass die für viel Geld errichtete Galeria samt der auf dem Dach installierten Photovoltaik-Anlage zugunsten der Lkw-Logistik abgerissen werden soll, dass es keinen verglasten Skywalk zum Grugapark gibt, dass die üppige grüne „Verzahnung“ mit den neuen Nordhallen gestrichen ist, dass selbst die Tiefgarage zumindest in der einst geplanten Größenordnung in Frage steht. Und von den bei Bedarf auf- und zufahrbaren „Cabrio“-Dächern zwischen den Hallen, die bei der Erst-Präsentation der Architekten noch als Hingucker, aber schon damals als wohl zu teuer galten, redet längst keiner mehr. Die echten Zahlen – am 16. Mai sollen sie vorliegen.
Botschafter fürs Projekt
Erste Berichte über diese schrittweise Entfernung vom Ursprungsentwurf hatte Hans Peter Leymann-Kurtz, der Fraktionschef der Linken, vor einigen Tagen mit einem „Wir-haben-es-ja-gleich-gesagt“ kommentiert, Ex-Stadtdirektor Hülsmann las daraus, der linke Frontmann scheue sich „offenkundig ganz generell nicht, vertrauliche Dinge (...) nach außen zu tragen“, obwohl dessen Behauptungen „schlichtweg falsch“ seien. So steht es in jener Mail aus der Messe-Zentrale, mit der die Mitglieder des Messe-Bauausschusses von der Absage informiert wurden.
Dass Hülsmann selbst sich öffentlich mit den Worten zitieren ließ, vor dem Hintergrund der möglicherweise arg knapp bemessenen Finanzausstattung „gibt es Abstriche nicht, zumindest noch nicht“ – das habe mit der Ausplauderei vertraulicher Informationen nichts zu tun, heißt es, „das war ja allgemein formuliert“, sagt einer.
Vielleicht war es in der Tat eine gute Idee, dass die Messe so genannte „Botschafter“ für das Projekt der neuen Messe gesucht und gefunden hat: Gastronom Imhoff gehört dazu, der Chef des Grugapark-Freundeskreises Klaus Militzer und der Chef der Architekten-Jury Kaspar Kraemer. Ein bisschen mehr Diplomatie, der Eindruck drängt sich in der Tat auf, kann das Vorhaben ganz gut gebrauchen.