Essen. . Wird ein Vierer-Ticket in den Automaten der Evag doppelt entwertet, kennt das Unternehmen keine Nachsicht. Einer 78-Jährigen ist das passiert, angeblich aus Versehen. Für die Evag gilt sie als Schwarzfahrerin, dem Unternehmen hat sie die 40 Euro Strafgebühr bereits bezahlt. Ihre Schwester der Schwarzfahrerin ist empört.

Es hätte ein schöner Tag in der Innenstadt werden sollen. Ein bisschen Bummeln, etwas Shoppen und vielleicht noch ein Kaffee zum Abschluss. Doch in Höhe der Haltestelle Helenenstraße hatte der Spaß für Frau S. und ihre Schwester (78) ein Ende. Als ein Kontrolleur der Evag die beiden Borbeckerinnen in einer Straßenbahn der Linie 103 überprüft, den Fahrschein der 78-jährigen gegen das Licht hält, wie es ihre Schwester erzählt, und als er feststellt, dass ein Streifen des Vierer-Tickets doppelt entwertet ist. Es hilft weder, dass die Damen sich auf ein Versehen berufen, noch dass sie anbieten, ein noch jungfräuliches Vierer-Ticket, dass sie noch in der Tasche haben, nachträglich zu entwerten. Der Kontrolleur nimmt die Personalien auf, wenige Tage später kommt der Brief der Evag an die Schwarzfahrerin, die die 40 Euro Gebühr längst beglichen hat.

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Als Frau S. von dem Wuppertaler liest, der wegen eines nicht mehr komplett bestückten Ticket-Automaten ohne Fahrschein in eine Bahn stieg und „erwischt“ wurde, ist die Empörung über den schon ein paar Tage zurückliegenden Vorfall mit ihrer Schwester wieder da. Der Evag wirft sie „Arroganz“ vor. Ganz selbstsicher habe die 78-Jährige dem Kontrolleur ihr Ticket präsentiert - ohne von ihrem Fehler zu ahnen. Mit dem Vorwurf des doppelten Stempels konfrontiert, „wusste sie gar nicht, was der meinte“. „Tut mir leid, das habe ich nicht gesehen“, entfährt es ihr verdattert, als der Kontrolleur ihr den Verstoß erklärt. Den Fahrschein zieht der Mann ein - als Beweismittel. „Haben Sie keinen Spielraum?“, fragen die Frauen. Nein, entgegnet der Kontrolleur. Und der Tag war gegessen. Tagelang habe sich ihre Schwester noch über den Vorfall aufgeregt, berichtet Frau S., die auch erzählt, dass etlichen Menschen in ihrem Freundes- oder Bekanntenkreis schon ein ähnliches Malheur passiert ist wie ihrer Schwester.

„Das ist die beliebteste Ausrede“

Das Mehrfach-Stempeln eines Tickets sei bei Schwarzfahrern ein „Klassiker“, sagt Evag-Sprecher Nils Hoffmann, ohne sich mit dieser Aussage auf den konkreten Fall zu beziehen: „Das ist die beliebteste Ausrede.“ Entschieden weist Hoffmann aber den Vorwurf von Frau S. zurück, die Stempel-Automaten des Unternehmens druckten zu schwach oder seien oft defekt. Die Entwerter würden wie die Ticket-Automaten zentral erfasst und überwacht. Stempelfähigkeit und -qualität würden regelmäßig überprüft und über den Bordcomputer des Fahrzeugs kontrolliert.

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Nur wenn etwa durch einen Software-Fehler alle Stempel-Geräte eines Busses oder einer Bahn defekt ausfallen, hieße es für die Kunden: „Glück gehabt“. Ausdrücklich nimmt Hoffmann den Kontrolleur in Schutz: „Für den ist es gar nicht möglich zu differenzieren zwischen einem guten Schauspieler und jemanden, der wirklich verdattert wirkt.“

Die Schwester von Frau S. hat das Pech, mit den Vierer-Tickets keine System-Kundin der Evag wie etwa ein Abonnent zu sein. Sie kann nicht auf Kulanz hoffen und muss deshalb die volle Schwarzfahrer-Strafe in Höhe von 40 Euro zahlen. Lapidar sagt Hoffmann: „Zweimal an der selben Stelle abzustempeln ist einmal korrekt und einmal schwarz gefahren.“ Seit Hoffmann bei der Evag arbeitet, wird ihm eine Frage nur zu oft gestellt: Wer ist der typische Schwarzfahrer? Hoffmann antwortet dann: „Alle.“ Für keinen von ihnen macht die das Unternehmen eine Ausnahme.