Das war Musik in unseren Ohren, was das „Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut“ in seinem Städte-Ranking bestätigte: Die Essener Wirtschaft hat hohe Wachstumsraten, die Stadt profitiert generell stark von den ansässigen Konzernen und die Wirtschaftsleistung der Erwerbstätigen ist pro Kopf höher als in Düsseldorf. Ganz neu ist das alles zwar nicht, vielmehr wird die Essener Wirtschaftsförderung seit Jahren nicht müde, auf diese Fakten hinzuweisen, und die WAZ hat gern mit Stolz darüber berichtet. Doch machen wir uns nichts vor: Die überregionale Wirkung ist mindestens ebenso wichtig wie das Wissen vor Ort, deshalb kann solche Wertschätzung von außen für die weitere Entwicklung Essens nur nützlich sein.

Es wäre nur schön, wenn das freundliche HWWI-Etikett „Aufsteiger des Jahres“ auch in Essen selbst noch etwas stärker zur Geltung käme und es beispielsweise nicht soviel Hang zu provinziellem Kleinklein gäbe. Zwei aktuelle Beispiele sind der Streit um angeblich zu viele Einliegerwohnungen (!) in einem Neubaugebiet in Heidhausen und die Absicht, einen Zukunftsstandort in Uni-Nähe für einen Kirmesplatz zu nutzen. Gut, dass den Leuten vom HWWI das entgangen ist...

Ein anderer Punkt, an dem unbedingt härter gearbeitet werden muss, ist die hohe, wie betoniert wirkende Arbeitslosenquote. Sie passt eigentlich nicht zu einer Stadt mit so exzellenten Wirtschaftsdaten, ja man muss fast von einer Stadt der zwei Geschwindigkeiten sprechen. Dass dynamische und passiv-bildungsferne Milieus nah beieinander leben, ist zwar sicherlich keine Essener Spezialität, aber es ist auffallend, wie krass gerade hier bei uns die Unterschiede sind. Bei den Gründen sollte man gelegentlich mal tiefer schürfen. Das Wort vom immer noch nicht bewältigten Strukturwandel klingt langsam ein bisschen schal - eine verbrauchte Entschuldigung, die mitunter nur noch auf bequeme Weise das Nichtstun verbrämt. Zur Erinnerung: Die letzte Essener Zeche hat vor über 26 Jahren dicht gemacht.

Wer in Essen die positive Wirtschaftsentwicklung würdigt, darf eine Institution nicht vergessen, die am Sonntag vor 100 Jahren gegründet wurde: die Messe. Auch wenn gerade in dieser Zeitung zuletzt viel Kritisches über die anstehenden Neubaupläne und das Finanzgebaren stand, so ist doch klar: Schon wegen der Sekundäreffekte, der positiven Folgen für die Essener Dienstleister vom Taxi-Fahrer bis zum Großhotel, ist die Messe aus der Stadt gar nicht wegzudenken. Das schließt das Ringen um die beste - und das heißt auch: kostengünstigste - Baulösung nicht aus.