Essen. Beim zweiten „Essener Design Gipfel“ in der Weststadthalle zeigten Kreative, was aus „Müll“ alles werden kann. 3000 Besucher interessierten sich dafür.


Da behaupte noch mal jemand, Deutschland sei eine Wegwerfgesellschaft. Vielerorts mag das vielleicht zutreffen, aber es geht auch anders, wie ein Rundgang über den zweiten „Essener Design Gipfel“ in der Weststadthalle deutlich macht. Re- und Upcycling lauten die Stichworte, die sich viele Aussteller auf die Fahne geschrieben haben.

Wieso auch die Obstkisten entsorgen, wenn man aus dem Material Broschen oder Kettenanhänger herstellen kann - so wie es Anna Sommerer aus Bonn seit geraumer Zeit macht. Und mit ihrer Einstellung, nämlich alten Produkten ein neues Leben einzuhauchen, befindet sich die Produktdesignerin in der Weststadthalle in bester Gesellschaft.

Blümchentassen werden Lampen

Direkt links neben ihr steht Angelika Schockenbäumer. Sie gibt Tischdecken und Gardinen aus Großmutters Zeiten eine zweite Chance. Aus den Stoffen fertigt sie unter anderem Brillenetuis oder Handytaschen im Stil der 1960er und 1970er Jahre. Zu ihrer Rechten steht Henry Trebstein aus Gladbeck, der ausrangierte Fahrradschläuche zu Gürteln, Laptoptaschen oder Kulturtaschen umfunktioniert. Klar, auch für den leidenschaftlichen Fahrradfahrer steht der Kampf gegen den Wegwerfwahn ganz weit oben, aber auch die Liebe zum Radfahren. Und so ließe sich dann seiner Meinung nach auch das Wort ‚Design’ beschreiben: „Im Gegensatz zur Kunst ist Design noch funktional.“ Stimmt. Aus alten Büchern werden neue Notizbücher und aus Blümchentassen, die meist aus Haushaltsauflösungen stammen, werden auf einmal Lampen. „Das hat erstens etwas Nostalgisches und ist natürlich darüber hinaus individuell. Andernfalls würde das Porzellan wohl im Internet verramscht oder im Müll landen“, wie der „Tassen-Lampen-Designer“ Friedrich Emde berichtet.

Das Re- und Upcyclen liegt beim Markt für Design und Handgemachtem also eindeutig im Trend, wie auch Veranstalterin Katherina Lindenblatt weiß, aber: „Vielleicht ist das gar kein Trend und es hat sich einfach das Umweltbewusstsein der Menschen geändert.“

Wie auch immer. Bei der Auswahl der 50 Aussteller aus ganz Deutschland legen die Diplom-Designerinnen Katherina Lindenblatt und Anna Anastasova auf jeden Fall viel Wert auf einen bunten Mix verschiedener Produkte: Schmuck, Mode, Interieur, Accessoires und vieles mehr findet sich; alles, nur nicht gewöhnlich und fernab vom Mainstream. Die rund 3000 Besucher beim zweiten „Essener Design Gipfel“ wissen das zu schätzen.

Dennoch bestehen nicht alle angebotenen Waren aus Materialien, die eigentlich für den Müll bestimmt wären. Der Stoff für die Boxershorts der Koblenzer Firma „Unabux“ stammt aus China und ist gewiss neu und unbenutzt.