Essen.. Die am Wochenende endende Oldtimermesse „Techno Classica“ gehört zu den größten Messen, die in Essen stattfinden. Warum interessieren sich so viele Leute für alte Autos? Ein Versuch einer Annäherung an ein Phänomen.
Auf der Messe „Techno Classica“ sieht man Männer in den besten Jahren, die versonnen Scheibenwischer streicheln. Die gedankenverloren mit der Zeigefingerspitze endlose Zierleisten entlangfahren aus blitzendem Chrom, so was gibt es ja heute gar nicht mehr, und im Blick dieser Männer liegt irgendwas zwischen Begehren und Wehmut, vermutlich beides.
Für Leute unter 40: „Techno Classica“ hat nichts mit Techno zu tun, der elektronischen Tanzmusik. Sondern mit alten Autos. Die Oldtimer-Messe feiert ihren 25. Geburtstag, und die Veranstalter sprechen hymnisch von einer „Erfolgsgeschichte“, die ihresgleichen suche, von „Weltmesse“ ist die Rede, und wer seit Donnerstag mal im Stau stand rund um das Messegelände, der wird feststellen: Da muss verdammt noch mal ‘was dran sein. Bis Sonntag werden mindestens 180.000 Gäste erwartet.
Immer wieder die Liebe
Händler Lars Neuffer ist 47 Jahre alt, verkauft seit 27 Jahren gebrauchte Karmann Ghia und spricht viel von Liebe. 1985 hat er sich seinen ersten eigenen Karmann Ghia gekauft, „Ghia“ spricht man übrigens „Gia“ aus, nicht „Dschia“, Neuffer sagt, es heißt ja auch nicht Spadschetti. Jedenfalls war sein erster Karmann ein Cabrio von 1972, phoenixrot, „ich wollte diesen unbedingt, es durfte nur der sein.“
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Es war ein grandioser Fehlkauf. „Viel zu teuer, für das, was ich damals bekommen habe. Ein Blender. Den Fehler machen Kunden ja am meisten: Blender kaufen, weil sie sich auf ein ganz bestimmes Modell festlegen.“ Was ist ein Blender? „Ein Auto, das vorgibt, mehr zu sein, als es ist. Aber wie das eben so ist: Liebe macht blind!“ Neuffer lacht und erklärt, es komme, zumindest beim Karmann Ghia, eigentlich nur auf die Beschaffenheit der Karosserie an, denn Ersatzteile für die Technik seien noch überall zu haben und relativ preiswert.
Die Preise schießen in den Himmel
„Es geht um Linienführung, die Optik.“ Und die Farbe? „Zum Glück sind die Geschmäcker unterschiedlich“, sagt Neuffer, „es finden ja auch nicht alle Männer die gleichen Frauen schön, stellen Sie sich das doch mal vor.“ Wieder: die Liebe.
Früher konnte man Porsche-Fans von Mercedes-Fans unterscheiden, sagt Oldtimer-Händler Jürgen Schulz (73), seit 40 Jahren im Geschäft. „Porschetypen waren sportlich, Mercedestypen trugen zugeknöpfte Sakkos.“ Das habe sich aber alles geändert: „Heute gibt es keine Maßstäbe mehr“, und das beträfe vor allem die Preise: „Vielen kommt es nur noch auf die Geld-Anlage an. Spätestens seit der Euro-Krise.“
Also schießen die Preise in den Himmel, er hat eine blutrote „Pagode“ im Sortiment, einen Mercedes 230 SL, Erstzulassung 1/64, für 58.500 Euro. „Vor fünf Jahren“, sagt Schulz, „hätte man dafür nur 30.000 Euro zahlen müssen.“ Er kennt auch einen Händler, der das gleiche Auto für mehr als 100.000 Euro angeboten – und verkauft hat. Schulz: „Es ist ein Wahnsinn.“