Es gibt viele Gründe, warum sich die Gertrud-Bäumer-Realschule in Altenessen als moderne Schule bezeichnen kann, aber etwas ist wie vor 100 Jahren: Den regelmäßigen Jahresbericht zum Ende eines Schuljahres trägt der Schulleiter noch handschriftlich in eine großformatige Kladde ein, das schwarze Buch hat 360 Seiten und beginnt mit einem Sütterlin-Eintrag, fein säuberlich mit Füllfederhalter, geschrieben Ostern 1913. Der Chronist vermerkt, dass die „Mädchenmittelschule Essen-Altenessen“ ins Leben gerufen worden ist. Man begann mit 83 Schülerinnen in zwei Klassen.

Essens größte Realschule feiert 100. Geburtstag, und noch immer gibt es dieselbe Schul-Chronik; Schulleiter Bernhard Aust ist derzeit auf Seite 213; der letzte Jahresbericht sprach von seinerzeit 700 Schülern, und ordentlich vermerkt ist, welche Lehrer neu hinzukamen und welche pensioniert wurden, und, unter anderem, sind auch die Reiseziele des damaligen Zehner-Jahrgangs aufgeführt: Toskana, Gardasee, Rom.

Aust ist seit siebeneinhalb Jahren der Leiter der Schule, und was ihn in dieser Zeit am meisten bewegt hat? „Der tägliche Umgang mit Schülern, Eltern und Kollegen“, sagt er spontan. „Den Alltag so zu koordinieren, dass man allen gerecht wird.“

Zu den größten Veränderungen, die Aust selbst mit herbeigeführt hat, zählt die Einführung des Ganztagsbetriebs 2009, als erste städtische Realschule in Essen. Die Folge: Die Schule wuchs von drei auf vier Züge pro Jahrgang.

Zum Festakt am Freitag erwartet Aust auch einige Altschülerinnen – die Schule öffnete sich erst 1974 auch für Jungen. Und obwohl die Schulchronik noch in Benutzung ist: Wo sich das erste Gebäude befand, weiß heute niemand mehr. „Es müssen Baracken gewesen sein, vermutet man“, erzählt Aust. Erst zehn Jahre später, 1923, zog man in ein Backsteingebäude an der Altenessener Straße, ein ehemaliges Waisenhaus, heute sitzt dort der Kinderschutzbund. Nach dem Krieg gab es Jahre des Übergangs in der Ellernschule, ehe 1961 das Gebäude entstand, das noch jetzt, frisch saniert, an der Grünstraße steht; mittlerweile mehrfach erweitert und umgebaut, zuletzt wurde die Turnhalle renoviert, und 2008 kam ein Neubau hinzu. „Über mangelnde Unterstützung der Stadt“, betont der Schulleiter, „konnten wir uns nie beklagen“.

Nettes Detail am Rande: Am Beschluss, auch Jungen aufzunehmen, wirkte auch die damalige Schülerinnensprecherin mit – Ulrike Michalski. Die heutige Ordensschwester leitet selbst eine Schule – die BMV in Holsterhausen. Und dort starten im Herbst erstmals – Jungs. Nach 360 Jahren.