Essen. Essener Verbände und Gewerkschaften befürchteten aufgrund des doppelten Abiturjahrgangs eine Bewerberschwemme auf dem Ausbildungsmarkt. Doch dieser ist bislang ausgeblieben: 2983 ausbildungssuchende Schüler haben sich bisher bei der Arbeitsagentur gemeldet. Auch Unternehmen halten sich zurück.

Verbände und Gewerkschaften hatten wegen des doppelten Abiturjahrgangs lange im Vorfeld Alarm geschlagen. Sie befürchteten eine Bewerberschwemme und eine Vielzahl an Ausbildungsplätzen, die dann fehlen würden.

Zur Halbzeit des diesjährigen Ausbildungsjahres deutet jedoch in Essen nichts auf dieses Szenario hin: Seit Oktober, dem Beginn des neuen Ausbildungsjahres, haben sich bei der Arbeitsagentur 2983 Schüler gemeldet, die ab Herbst eine Ausbildungsstelle suchen. Das sind trotz des Doppeljahrgangs 1228 weniger als zum gleichen Stichtag im Vorjahr. Aktuell suchen davon noch 1816 Bewerber eine Lehrstelle. Bei der Arbeitsagentur ist man selbst erstaunt: „Im Grunde befinden wir uns auf einem ähnlichen Niveau wie vor zwei Jahren“, sagte Vize-Chef Klaus Peters.

Dieses Jahr deutlich weniger Bewerber

Allerdings: Nur ein Teil der Schulabgänger meldet sich bei der Arbeitsagentur. Doch auch bei den Kammern, die die abgeschlossenen Ausbildungsverträge zählen, sieht das Bild derzeit nicht anders aus: Das Essener Handwerk notierte Ende letzten Monats 130 Lehrverträge – zehn weniger als zum gleichen Stichtag 2012. Zwar warnte Ulrich Meier, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, davor, die Zahlen überzubewerten. Vieles sei noch im Fluss. „Allerdings vermute ich, dass die Abiturienten gar nicht so bereit sind, in eine Lehre zu gehen“, so Meier.

Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch bei der Industrie- und Handelskammer in Essen ab. Derzeit gibt es dort 1273 eingetragene Ausbildungsverträge für die Region Essen, Mülheim, Oberhausen. Der IHK-Geschäftsführer für Aus- und Weiterbildung, Hans Michaelsen, spricht von einer „roten Null“ im Vergleich zum Vorjahr. Auch in Gesprächen mit Unternehmern würden viele bestätigen, dass es dieses Jahr deutlich weniger Bewerber gebe, so Michaelsen.

Unternehmen bieten weniger Stellen an

Die Zahlen zeigen im Umkehrschluss aber auch: Die Unternehmen stellen trotz des doppelten Abi-Jahrganges kaum mehr Azubis ein. Und das, obwohl Verbände, Arbeitsagentur und Gewerkschaften im Vorfeld fast gebetsmühlenartig appelliert hatten, die Chance des Doppeljahrganges zur Sicherung von Fachkräften zu nutzen. Bei der Arbeitsagentur meldeten Unternehmen in diesem Ausbildungsjahr 2579 freie Ausbildungsstellen, 356 weniger als im Vorjahr.

Michaelsen vermutet, dass die Zahl der Bewerber mit Abitur gen Sommer noch steigen könnte - dann, wenn die Absagen aus den Universitäten kommen. Auch halten sich derzeit die Firmen wegen der wirtschaftlichen Unsicherheit möglicherweise noch zurück. Es kann aber am Ende auch sein, dass der doppelte Abi-Jahrgang geräuschlos über die Bühne geht.