Essen. Die Betreiber von Essener Call-Centern wollen mit einem neuen Qualitätssiegel ihren schlechten Ruf aufpolieren und aus der “Schmuddelecke“ herauskommen. Verdi nennt das Vorhaben „halbgar“ und fordert einen Tarifvertrag und abgesicherte Arbeitsverhältnisse für die Branche.

Essener Call-Center-Betreiber wollen das schlechte Image der Branche aufpolieren. Der 2007 gegründete Verein „Call Center Essen“ hat dazu jetzt ein Siegel ins Leben gerufen, mit dem sich die Unternehmen freiwillig zu sozialen Beschäftigungs-Standards verpflichten sollen. „Wir wollen damit ein Zeichen für seriöse Arbeit setzen“, sagte der Sprecher des Vereins, Gordon Barrey. Die Gewerkschaft Verdi kritisierte das Vorhaben jedoch als eine „halbgare“ Sache.

Wer das „Qualitätssiegel“ des Vereins tragen will, muss sich zu folgenden Standards verpflichten: Erstens muss der gezahlte Stundenlohn mindestens 8,50 Euro brutto betragen; Zulagen und Prämien nicht eingerechnet. Zweitens müssen Mitarbeiter fachgerecht eingearbeitet und geschult werden. Drittens darf der Anteil sozialversicherungspflichtiger Jobs im Unternehmen nicht unter 50 Prozent liegen. Ein Anwalt soll prüfen, ob die Bewerber die Kriterien erfüllen. Das Siegel wird dann für drei Jahre befristet zugesprochen und kann auch wieder entzogen werden, betonte Barrey.

Die Branche in Essen erhofft sich, damit aus der „Schmuddelecke“ herauszukommen und so besser als bisher Mitarbeiter zu finden. Entlassungen, wie zuletzt von Tectum angekündigt, seien die Ausnahme. Die Regel sei, dass Mitarbeiter gesucht werden und Stellen immer schwieriger zu besetzen sind, so Barrey. In Essen arbeiten schätzungsweise 4500 Beschäftigte in der Branche. Im „Call Center Verein“, der sich schon 2007 einen Ehrenkodex gegeben hat, sind 20 Unternehmen mit rund 1900 Mitarbeitern Mitglied.

Verdi: Viele schwarze Schafe

Sie wollen sich von den „schwarzen Schafen“ distanzieren, die den Ruf des gesamten Berufszweiges schädigten. Den häufig von der Branche vermittelten Eindruck, die schwarzen Schafe bestimmen zwar die Schlagzeilen seien aber die Ausnahme, kann die Gewerkschaft Verdi indes nicht teilen. „Unsere Erfahrung ist eine andere. Die Call-Center-Unternehmen, die seriös mit ihren Mitarbeitern umgehen, sind eher die Ausnahme“, sagte Markus Neuhaus, der für die Branche bei Verdi in Essen zuständig ist.

Verdi kritisiert, dass Mitarbeiter in Call-Centern häufig kein garantiertes Einkommen haben, weil die Einsatzzeiten variieren und damit das Gehalt nicht planbar ist. Auch sei die in der Branche übliche Prämienzahlung für die Beschäftigten häufig undurchsichtig.

Verdi fordert deshalb die Call-Center-Betreiber auf, einen Arbeitgeberverband zu gründen und mit der Gewerkschaft einen Tarifvertrag zu schließen. „Dann hat man statt eines solchen vagen Siegels tatsächlich abgesicherte Arbeitsverhältnisse“, so Neuhaus.