In der alten Universitätsstadt Münster hängt – zumindest gefühlt – an jedem zweiten Hauseingang ein Schild für ein wissenschaftliches Institut. Was dort der über Jahrhunderte gewachsenen Struktur der Hochschule geschuldet ist und durchaus zu deren Charme beiträgt, könnte in Essen bald auch der Fall sein. Diesen Eindruck kann man jedenfalls bekommen angesichts der vielen externen Gebäude, die die Uni mittlerweile anmietet – allerdings aus der puren Not heraus. Und mit schmucken Altstadt-Adressen haben die funktionalen Räume, in denen die Ausgelagerten sich wiederfinden, meist ebenfalls wenig zu tun. Jüngste Anmietung: drei Büro-Etagen an der Altendorfer Straße, gleich über dem Elektronikhandel Conrad. Dort zieht nun nach und nach die Fakultät für Mathematik ein.

Dass die Uni mittlerweile einer der besten Mietkunden in der Stadt ist, hängt mit dem sprunghaften Anstieg der Studentenzahlen in den vergangenen Jahren zusammen. Die Gründe dafür sind bekannt: der Wegfall von Studiengebühren und Wehrpflicht, das zunehmende Interesse an akademischer Bildung, und nun kommt noch der doppelte Abiturjahrgang hinzu. Weniger Antworten hat man hingegen darauf, wie das Wachstum räumlich zu bewältigen ist, gerade an einer Uni wie der hiesigen mit ihrer Innenstadtlage. Der Rektor der Hochschule, Ulrich Radtke, hatte im Streit um das Baugelände am Thurmfeld erst jüngst auf diese Problematik und den Bedarf an Entwicklungsflächen hingewiesen.

Verdruss beim Rektor

Radtke ärgert es, dass die Uni im großen Stil mieten muss, während vis-a-vis des Campus zumindest in kleinem Umfang eine bauliche Erweiterung möglich wäre. Die ständige Anmietung neuer externer Gebäude sei auf Dauer keine sinnvolle Lösung, so der Rektor. Und eine Lösung von Dauer brauche es, denn „die Studenten werden langfristig in hoher Zahl hier bleiben“. Einstweilen jedoch sondieren die Immobilienverwalter der Uni fortwährend weitere Miet-Optionen. Dabei handelt es sich eben nicht mehr nur um temporäre Gastspiele im Kinosaal oder der Grugahalle, wo die Hochschule einzelne Vorlesungsreihen und Veranstaltungen durchführt. Vielmehr entstehen Dauer-Provisorien, und zwar von erheblicher Größe und mit erheblichen Kosten.

Allein für die Büros und Seminarräume der Mathe-Fakultät an der Altendorfer Straße 11 hat man 8.800 Quadratmeter angemietet. Gleich daneben, an Hausnummer 5 - 9, sind auf weiteren 1.200 Quadratmetern Teile der Bildungs- und der Geisteswissenschaften untergebracht. Gut 8.000 Quadratmeter nutzt die Uni in den Weststadttürmen neben dem Cinemaxx. Mehr als 1.300 sind es ein Stück weiter in der früheren Gerlingwache, wo Bereiche der Wirtschaftswissenschaften arbeiten. Bildungsrabatt gewähren Vermieter dabei auch einer Hochschule nicht, man zahle die „ortsüblichen Marktpreise“.

Mindestens eine attraktive Außen-Adresse hat sich neben all den schnöden Büro-Quadratmetern dann übrigens doch ergeben: Im Rabbinerhaus an der Alten Synagoge sitzen nun Wirtschaftsforscher sowie das Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte.