Essen. Der Essener Unternehmer Dieter Ochel hat seine Leidenschaft für die Schafzucht vom Urgroßvater geerbt und führt nun nebenberuflich einen acht Hektar großen Hof.


Klaas der Fünfte hat ganze Arbeit geleistet: Zwillinge, Drillinge, sogar Vierlinge hat der Schafbock gezeugt. „Ein potenter Bursche, für den ich viel Geld gezahlt habe“, sagt Dieter Ochel und lässt dabei den Blick über seine Herde wandern. Gerade erst hat der Unternehmer und Schafzüchter zum wiederholten Mal eine schlaflose Nacht neben einem seiner 23 Schafe verbracht. Jetzt springen drei weitere neugeborene Lämmchen durch das Stroh. Am Ende des Frühlings werden es mehr als 40 sein, die auf dem Kersebaumshof in Bergerhausen das Licht der Welt erblicken.

Alle hielten ihn für total verrückt

Als Ochel vor über 16 Jahren den acht Hektar großen Hof in unmittelbarer Nachbarschaft zu seinem Firmensitz an der Ruhrallee kaufte, hielten ihn alle für total verrückt. Doch der Ingenieur, unzweifelhaft ein Mann der Tat und mit einer gesunden Portion Eigensinn ausgestattet, ließ sich nicht beirren. Und da zum Bauernleben auch Tiere gehören, grasten bald Schafe auf der Wiese, schnatterten Gänse und Enten am Wasser. „Mit der Schafzucht habe ich zugegebenermaßen relativ blauäugig angefangen, dachte, es genügt, wenn die Tiere auf der Weide stehen, gefüttert und gesäubert werden“. Dann lagen die ersten Schafe tot auf der Wiese und Ochel sah ein, dass auch bei der Schafzucht Professionalität gefordert ist. „Ich hatte nicht bemerkt, dass sie krank waren.“ Und so belegte er neben seinem ohnehin schon stressigen Job - immerhin führt er ein erfolgreiches Unternehmen mit 180 Mitarbeitern - am Niederrhein Kurse in Schafpflege und Schaf-Homöopathie, lernte Krallen schneiden und Wolle scheren. „Ich mach’ halt am liebsten alles selbst.“

Seine Arbeit auf dem Hof sieht der 67-Jährige als optimalen Ausgleich zum Schreibtischjob. Dafür steht er gerne jeden Morgen früh auf. „Das hält mich fit - ohne Muckibude oder Rückenkurse.“ Und als wäre die Bewirtschaftung eines Hofes nicht schon genug Arbeit, braucht Dieter Ochel immer noch Projekte. Derzeit baut er eine Wohnung auf seinem Hof aus, die er anschließend vermieten möchte. Umbau und Ausbau, auch das beherrscht er, seit er den historischen Schuirmannhof an der Kaninenberghöhe erwarb und nach seinen Vorstellungen mit 15 attraktiven Seniorenwohnungen ausgestattet hat. Klar, dass wieder Familie und Freunde laut aufstöhnten, als sie von seinen Plänen erfuhren. Und auch hier belehrte sie Ochel eines Besseren.

Doch zurück zu den Schafen: Woher die Leidenschaft für diese genügsamen Tiere stammt, wusste Dieter Ochel lange nicht. „All meine Geschwister sind Beamte, haben mit Tieren nichts am Hut.“ Auch die beiden inzwischen erwachsenen Söhne haben kein „Schaf-Gen“. Schließlich stieß Ochel beim Sichten der Papiere seiner mit 98 Jahren verstorbenen Mutter auf einen Urgroßvater, der Schäfer war. „Da war mir alles klar.“

Anfänglich hat er noch jedem seiner Schafe einen phantasievollen Namen gegeben. Bis der Schlachter zum ersten Mal kam. Seitdem sind die Tiere durchnummeriert. Das hilft aber nicht wirklich gegen den Abschiedsschmerz: „An dem Tag, an dem die Lämmer und alten Schafe abgeholt werden, bin ich grundsätzlich schlechter Laune und nicht ansprechbar.“