Kirche und Kirmes - das gehört historisch zusammen. Nur zu gerne erinnert Albert Ritter, seines Zeichens Präsident des Deutschen Schaustellerbundes, an die Wurzeln seiner Zunft. Dass das fahrende Gewerbe in Essen eine wahre Prozession hinter sich hat, die einem Leidensweg gleichkommt, steht auf einem anderen Blatt. Nun, wo sich die Schausteller vorsichtig auf einem guten Weg wähnen zu einem neuen Standort, verursachen Bedenken seitens der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Bauchschmerzen und Schwindelgefühle. Das Thurmfeld nahe der Universität - von der FDP als potenzieller Festplatz ins Spiel gebracht - sei städtebaulich zu wertvoll, um es für das Schausteller-Gewerbe zu reservieren. Albert Ritter kommt sich da vor wie auf einer Achterbahn.
Traurige Veranstaltung
„Wir sind Planungsvertriebene“, klagt der Präsident und betet die einzelnen Stationen des Leidensweges herunter: Als nach dem Zweiten Weltkrieg am Dom Blindgänger entdeckt wurden, zogen die Schausteller weiter zur Hollestraße, bis dort 1971 die Volkshochschule entstand. Auch am Ribbeckplatz konnten sie nicht bleiben, denn dort zog die Stadt 1979 ihr Rathaus hoch. Die Brache am Berliner Platz sollte ebenfalls keine Bleibe von Dauer sein. Auch mit dieser Fläche hatte die Stadt Größeres vor - und darf sich heute bestätigt fühlen.
Die Schausteller wurden in die gefühlte Diaspora geschickt - an die Gladbecker Straße. Die Stadt war angehalten, eine ehemalige Kläranlage mit einem Deckel zu verschließen. Oben drauf entstand ein Kirmesplatz. Der sei in den ersten beiden Jahren auch gut angenommen worden, erinnert sich Ritter. Zuletzt war die Kirmes dort nur noch eine traurige Veranstaltung. Der Schausteller-Präsident erklärt dies mit der unzureichenden Anbindung an den Öffentlichen Nahverkehr. Auch Parkplätze habe es zu wenige gegeben. Wobei: Die Uni liegt gleich auf der anderen Straßenseite.
Ist das Thurmfeld tatsächlich die vielversprechendere Alternative?
Fest steht: Einen geeigneten Standort konnte die Planungsverwaltung nicht finden. Die Suche führte von den Kettwiger Rieselfeldern bis zum Messeparkplatz an der A 52, spottet Ritter, und endete schließlich am Schweinemarkt in Altenessen; auch das nicht wirklich eine attraktive Adresse, jedenfalls alles andere als innenstadtnah.
Zum Thurmfeld will Albert Ritter nicht viel sagen. Das übernimmt die FDP: Die lobt den direkten Anschluss an U-Bahn und die Radwegetrasse. Und da aus dem geplanten Hallenbad eines Tages ein Freibad werden soll, brauche man einen Parkplatz. Warum nicht einen Festplatz daraus machen? Die Schausteller brauchen dafür eine Lobby. Hilft vielleicht die Kirche? Beim Papst ist Albert Ritter ja schon gewesen.