Das Martyrium begann mit einem unverdächtigen Satz: „Haben Sie mal einen Löffel Salz?“, fragte Andreas H. freundlich, als seine Nachbarin ihre Wohnungstür am 8. März auf sein Klingeln hin öffnete. Sekunden später zeigte der 46-Jährige sein wahres Gesicht: Kaum hatte die 30-Jährige ihm den Rücken zugedreht, um seiner Bitte nachzukommen, attackierte er sie hinterrücks, bedrohte sie mit einem Messer und schloss die Tür hinter sich.

Das Klicken der Verriegelung war für die überrumpelte und eingeschüchterte Frau der Beginn eines Albtraums in ihrer eigenen Wohnung an der Steeler Straßen in Huttrop: Drei Tage lang soll sich der Peiniger von nebenan mehrfach an ihr vergangen haben, bevor er sein Opfer frei ließ, berichteten gestern die Staatsanwaltschaft und die Polizei, die bei der bislang erfolglosen Suche nach Andreas H. „mit ihrem Latein am Ende ist“, so Oberstaatsanwältin Anette Milk. Deshalb fahnden die Behörden jetzt mit einem Foto nach Andreas H.

Der Mann ist nach Angaben der Justiz ein einschlägig vorbestrafter Sex-Täter, der offensichtlich rückfällig geworden ist: Nach einer Vergewaltigung „im familiären Umfeld“, so Milk, ohne nähere Angaben zu dem Delikt machen zu wollen, sei er im Jahr 2004 vor dem Landgericht Duisburg zu einer Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren verurteilt worden. 2010 kam Andreas H. wieder frei – wenn auch unter Auflagen: Unter anderem musste er seine Alkoholsucht therapieren lassen. Bis heute steht er unter Bewährungs- und Führungsaufsicht. Dass er die Auflagen der Justiz befolgt, habe ein Bewährungshelfer überprüft, sagte Milk: „Er hat sich daran gehalten und verhielt sich unauffällig.“ Dass der 46-Jährige sich diesseits der Gefängnismauern ein neues Opfer suchen könnte – darauf habe es keinerlei Hinweise gegeben, versichert die Oberstaatsanwältin.

Keine Hilferufe

Es ist Sonntagmorgen, als Andreas H. seinem Opfer, das er in einem der Zimmer eingeschlossen hatte, gestattet, die Wohnung zu verlassen – vermutlich, um kurze Zeit später selber unterzutauchen. Nach ihrer Freilassung sucht die 30-Jährige Zuflucht und Hilfe in einem Krankenhaus. Von dort wird die Polizei alarmiert, die „sehr zügig alle notwendigen Maßnahmen einleitete, um Beweise zu sichern“, sagte Milk. Nur die Suche nach Andreas H. blieb erfolglos, „obwohl alle bekannten Anlaufstellen überprüft wurden“, so die Behördensprecherin.

Dass andere Mieter des Tat-Hauses von der Not ihrer Mitbewohnerin nichts mitbekommen haben sollen, hatte einen perfiden Grund: Die 30-Jährige konnte nicht um Hilfe rufen. Andreas H. hatte ihr den Kiefer ausgerenkt.