Für manche muss eine Theaterinszenierung Bombast besitzen. Diese Menschen sind bei der neuesten Produktion der Studio-Bühne falsch. Dafür bot die Premiere von „Empfänger unbekannt“ eine eindrucksvolle Schauspielerleistung, bei der die Darsteller beinahe nur kraft ihrer Stimmen – und eines intensiven Textes – zu überzeugen wissen.

Die Umsetzung des Briefromans von Kressmann Taylor als szenische Lesung ist nichts Ungewöhnliches: Die fiktive Korrespondenz zweier Freunde zur Zeit der Machtergreifung der Nazis in Deutschland ist so ergreifend und packend formuliert, dass zu viel Inszenierung womöglich unnötig ablenken wollte. Und so setzt auch Regisseur Stephan Rumphorst seine beiden Darsteller – in der Premiere Karsten Job als Martin und Thomas Gramen als Max — an zwei gegenüber liegenden Schreibtischen, von wo sie aus jeweils ihre chronologisch geordneten Briefe lesen. Angefangen von dem Zeitpunkt aus, als Martin Ende 1933 die gemeinsame Galerie verlässt, die die beiden Freunde in den USA betreiben, um mit seiner Familie, in die alte Heimat Deutschland zurückzukehren.

Der Jude Max zeigt sich schon bald besorgt über den politischen Wandel in Deutschland: Doch Martin beruhigt ihn zunächst. Bald wird jedoch deutlich: Martin verfällt zusehends der nationalsozialistischen Ideologie. Schließlich erfährt Max, dass seine Schwester Gisela auf der Flucht vor den Nazis bei Martin auftaucht, – und dieser nichts unternimmt, um sie zu retten.

Das Stück versteht es auf hervorragender Weise, den schrecklichen historischen Hintergrund anhand einer sterbenden Freundschaft zu illustrieren. Rumphorst inszeniert mit ruhiger Hand: Hier ein Blick, dort eine Pause. Das reicht, um die Wirkung zu unterstreichen. Nur Gisela lässt er – entgegen der Vorlage – sicht- und vor allen Dingen als Sängerin und Pianistin hörbar werden. Ein Gewinn, denn Sandra Busch, legt eine faszinierende Bühnenpräsenz an den Tag.