Bedroht der Online-Buchhandel die Fachgeschäfte von nebenan? Das ist die Frage, die sich nicht erst stellt, seit im vergangen Jahr die Thalia-Filiale im traditionsreichen Baedeker-Haus an der Kettwiger Straße geschlossen wurde.

Bequem ist der Online-Einkauf in jedem Fall: Schnell einen Titel oder einen Autor in die Suchbegriffsleiste eingeben, das gewünschte Buch anklicken, in den Warenkorb legen und kaufen. Shoppen rund um die Uhr, ohne auch nur das Haus zu verlassen. Doch nach der Diskussion über die Arbeitsbedingungen von Amazon-Saisonkräften kündigte mancher Kunde an, in Zukunft wieder im Fachhandel zu kaufen. Die WAZ hörte sich in den Stadtteilen um, wie es dem Buchhandel dort geht.

„Der Nachwuchs fehlt. Wir können vermehrt ältere Menschen zu unserem Kundenstamm zählen“, berichtet Reinhard Platzer, Inhaber der gleichnamigen Buchhandlung an der Paßstraße in Steele. Grund dafür könne, so vermutet Platzer, tatsächlich der Online-Buchhandel sein; Einbußen verspüre er aber dennoch nicht – sein Geschäft betreibt er mittlerweile stolze 32 Jahre; in dieser Zeit habe er viele Stammkunden gewonnen, die eben Wert auf die persönliche Beratung legten. Mit der Fernseh-Dokumentation über die Arbeitsverhältnisse bei Amazon habe er tatsächlich den einen oder anderen Kunden dazu gewonnen, erzählt Platzer.

Genauso wie bei „Leselust“ in Stadtwald: Auch hier hätten sich schon – einstige – Amazon-Kunden über den Internetriesen empört. Stammkunde Torsten Soer hat freilich schon vorher keine Bücher per Mausklick bestellt. „Es geht doch ums Prinzip. Ich möchte nicht, dass die Geschäfte nebenan aussterben. Und so viel bequemer ist der Internetkauf sowieso nicht. Im Gegenteil: Wenn ich nicht zu Hause bin, um das Päckchen anzunehmen, muss ich sogar extra am nächsten Werktag noch zur Post“, begründet Soer seine Einkaufsvorliebe in real existierenden Geschäften im Stadtteil.

Sorgen darüber, dass kleine Buchhandlungen aussterben könnten, macht sich auch Leselust-Inhaberin Anette Kammann nicht. Zu wichtig sei vielen Menschen die persönliche Beratung, weiß sie aus ihrer dreizehnjährigen Berufserfahrung.

„Es ist zudem ein wenig Stadtteilarbeit, die wir leisten“, argumentiert auch Ralf Vogel, Inhaber der Buchhandlung am Karlsplatz in Altenessen. Laut Vogel gebe es schließlich nur wenige kulturelle Einrichtungen, die tagsüber geöffnet hätten, aber: „Buchhandlungen haben werktags immer geöffnet und stehen ihren Kunden unter anderem für Gespräche und Informationsaustausch zur Verfügung.“ Das kann Amazon nicht von sich behaupten.