Essen. . Rund 250 Menschen stellten sich am Wochenende den Rechten von „Pro NRW“ in Haarzopf in den Weg.

„Ich habe Angst, dass sie das Haus in Brand setzen, uns rauszerren und umbringen“ – dieser Satz einer jungen Frau aus einer Flüchtlingsfamilie, ihr schockierter und ebenso verschämter Blick auf den Park vor dem Asylbewerberheim Auf’m Bögel sagt alles. Dass sich dort Samstagnachmittag nach Polizeiangaben 180 Ge­gendemonstranten sowie 70 Antifa-Aktivisten einer mit 20 Personen verschwindend kleiner Gruppe Unverbesserlicher der rechten Splitterpartei „Pro NRW“ in den Weg stellen, kann die junge Frau nicht richtig einordnen. Ihr machen die Leute Angst; große Versammlungen meidet sie – warum, das will sie nicht recht verraten. Nur so viel gibt sie preis: „Wenn in meiner Heimat viele Menschen aufeinander treffen, kommen oft nur wenige wieder zurück nach Hause“ – sagt’s und eilt beim Ruf rechter Parolen zurück ins Haarzopfer Heim.

Mit einer Stunde Verspätung rollten 20 Rechte mit zwei Bullis aus Bochum an, wo sie zuvor vergeblich versuchten, „ihr menschenverachtendes Gedankengut zu verbreiten“, wie es Essens Vorsitzender des Integrationsrats, Samir Fetic, betont. Obwohl zunächst alles ruhig blieb, Anwohner, Parteien, Gewerkschaften, Organisationen und Antifa laut aber friedlich demonstrierten, sorgten am Rande der Demo zwei Flaggen der Piratenpartei für Aufsehen, denn sie wehten auf Seiten der Rechten. Die Piraten NRW verurteilen dies aufs Schärfste: „Wir werden gegen solche Personen in jedem Fall ein Parteiausschlussverfahren einleiten, sofern sie Mitglied sein sollten. Rechtsextremes Gedankengut tolerieren wir nicht”, betont die Vize-Landesvorsitzende Christina Herlitschka.

Klare Worte fand Verdi-Gewerkschaftssekretär Rainer Sauer bei der Gegendemo: „Es ist ungeheuerlich, dass die rechtsextremistische Partei von Stadt zu Stadt zieht, um den Versuch zu unternehmen, Menschen, die in Not geraten sind und die ihre Heimat verlassen mussten, puren Hass entgegen zu bringen und sie zu entwürdigen. Das dürfen wir nicht zulassen!“ Die Asylsuchenden seien „herzlich willkommen“. Ausgrenzung und Rassismus hätten keinen Platz in Essen. „Wir brauchen Pro NRW nicht, das sind Rattenfänger, sie sind in der Stadt und überall unerwünscht!“, rief Sauer der „braune Horde“ entgegen. Die Auftritte der Splitterpartei empfinde er „ganz klar als Volksverhetzung“ und appelliert daher an die Bevölkerung, sich „den Dumpfbacken“ entgegen zu stellen.

Dass die Pro-NRW-Demo nicht im Vorfeld untersagt wurde, ärgerte Britta Altenkamp, Vize-Fraktionschefin der SPD im Landtag: „Hier stehen ein Haus der Lebenshilfe für behinderte Menschen und ein Heim für Demenzkranke. Es ist mir unbegreiflich, warum an diesem denkbar ungünstigen Ort überhaupt eine Demo zugelassen wurde.“ Erbost waren Linken-Ratsherr Wolfgang Freye und Grünen-Bundestagskandidatin Elke Zeeb, die nach Ende der Demo ansehen mussten, wie Polizisten auf ei­nen 16-Jährigen stürzten und ihn festnahmen. Er soll gegen das Vermummungsverbot verstoßen haben.