Essen. .

Der Leserbrief trägt keine Unterschrift, nicht mal eine anonyme E-Mail-Adresse, die die Kontaktaufnahme ermöglichen könnte, ist angegeben. Zwischen den Zeilen steht da: Irgendjemand, der im Katholischen St. Josef Krankenhaus Werden arbeitet, ist in Sorge um seinen Arbeitsplatz. Und die ist nicht ganz unbegründet, schließlich steht das Krankenhaus als letzte Klinik in Essen allein da – alle anderen haben bereits Verbündete gefunden.

Bislang war das anders. Lange hatten Evangelisches und Katholisches Haus in Werden einen Kooperationsvertrag, wenn man so will, eine Art medizinischer Ökumene. Noch im vergangenen Jahr nahmen beide Häuser in Werden einen gemeinsamen Zentral-OP in Betrieb. Das Personal in der Anästhesie und in der Zentral-Küche ist für beide Häuser tätig. Nun ist der Vertrag aufgekündigt, das Ev. Krankenhaus wird mehrheitlich unter der Trägerschaft des Ev. Kirchenkreises geführt, während die Kosmas und Damian GmbH als Betreiberin des Katholischen Hauses auf Partnersuche ist.

Denn klar ist: Krankenhäuser haben nur begrenzt die Möglichkeit, ihre Einnahmen zu beeinflussen. Pro Krankheitsfall bzw. Patient rechnen sie ihre Arbeit über eine Fallpauschale ab. Was eine hohe Auslastung und Spezialisierung erfordert. Gemischtwarenläden, die von allem etwas, aber nichts wirtschaftlich machen, weichen Häusern mit immer weiter spezialisierten Zentren, die an Schnittstellen zu anderen Abteilungen übergreifend arbeiten. Konkret: Ein Betreiber hat fünf Häuser – die zum Beispiel von einem Zentrallabor oder einer zentralen Kücheneinheit versorgt werden. Das spart Raum- und Personal-Ressourcen und erhöht die Gewinne.

Ein erfahrener Partner

Erfahrungen damit haben die Kliniken Essen-Mitte gesammelt beim Zusammenschluss von Huyssen­stift und Knappschaftskrankenhaus (beide gehören mehrheitlich dem Ev. Kirchenkreis Essen an); nun kommt das Ev. Krankenhaus Werden hinzu. „Wir gewinnen durch die Fusion auf jeden Fall“, sagt Horst Defren, Geschäftsführer der Kliniken Essen-Mitte. Überschneidungen gebe es nicht, „wir haben weder eine Augenklinik noch eine Kinder- und Jugendpsychiatrie. Die Onkologie und die Hämatologie in Werden sind hervorragend, sie ergänzen uns also bestens.“

Dass Defren, der voraussichtlich auch in die Geschäftsleitung des Werdener Hauses einsteigen wird, einiges an Geld zuschießen muss, steht indes fest: „Wir müssen das Bettenhaus in Werden sanieren. Das wird sicher nicht morgen der Fall sein, ist aber unumgänglich.“ Investieren will er zudem in die Kinder- und Jugendpsychiatrie. „Der Bedarf ist enorm. Noch gibt es in Werden elf Betten“, perspektivisch sollen es 30 Betten werden.

Rund 450 Mitarbeiter haben die Kliniken Essen-Mitte am neuen Standort übernommen. Laut Defren seien die Stellen nicht in Gefahr, die Kompetenz des Hauses wolle man nicht schwächen. Fest steht aber auch, „dass wir überlegen werden, welcher Partner wo besser ist. So können wir voneinander lernen.“ Was aber auch impliziert: Man wird nach Einsparpotenzial suchen.

Im Gegenzug soll in Teilbereichen der Kooperationsvertrag mit dem Katholischen Haus erneuert werden – ohne Möglichkeit zur Mitnutzung des zentralen OP-Bereichs wäre das Ev. Krankenhaus aufgeworfen. Wie weit diese Kooperation reichen kann, wird allerdings auch von einem möglichen Partner des Katholischen Hauses abhängen.

Das Kreuz der Partnerlosigkeit

Jahrelang haben sie hervorragend zusammen gearbeitet – doch eine Fusion von Katholischem und Evangelischem Krankenhaus stand außer Frage. Dies sei aus wirtschaftlicher wie strategischer Sicht keine Option gewesen, wie die Kosmas und Damian GmbH (KD) als Trägerin des Kath. St. Josef Krankenhauses mitteilt. Man gibt sich zurückhaltend, spricht von Möglichkeiten, neue Partner zu finden – denn der alte ist weg.

Aussichtslos ist die Lage nicht, Gespräche führt KD derzeit mit den nahe gelegenen Kath. Kliniken Ruhrhalbinsel (Kupferdreh) und der Contilia-Gruppe (Elisabethkrankenhaus Huttrop) und eben diese Gespräche zeigten, „dass die Ziele eines katholischen Verbundmodells erreichbar sind und zu einer langfristigen Stabilisierung führen können.“

Wuchern kann die KD in ihren Verhandlungen mit einigen zweifellos guten Funktionsbereichen, doch die Auslastung in der Abteilung für Geburtshilfe und Gynäkologie hat in den vergangenen Jahren stark nachgelassen. Schon besagt der Klinik-Flurfunk, die Station stehe zur Schließung an. Stimmt das? Zur Antwort gibt’s von der KD Phrasen-Gestöber, alles müsse „geprüft werden, um tragfähige Konzepte zu erhalten“ – was keine Antwort ist und den Schluss nahe legt, dass man sich in der künftigen Marschrichtung dem möglichen Partner unterordnen wird.

Vertragliche Sicherheit gibt’s immerhin für den Zentral-OP, der beiden Häusern offen steht. Dort soll der gemeinschaftliche Betrieb mindestens fünf weitere Jahre andauern. In anderen Bereichen gilt die Kooperation nicht mehr.