Essen. Nachdem die Polizei und Staatsanwaltschaft Ende Januar zehn Kanalbauunternehmen in Essen durchsucht hat, findet nun das Großreinemachen der Stadtwerke Essen statt. Ein Bauleiter sitzt seit der Razzia am 31. Januar in Haft, ein weiterer ist gefeuert, drei Verantwortliche wurden beurlaubt.

Nach der Zerschlagung des Kanal-Kartells, das die Stadtwerke bei Kanalbauarbeiten durch illegale Preisabsprachen um mindestens vier Millionen Euro betrogen haben soll, hat bei dem städtischen Versorger das Großreinemachen begonnen. Ein Bauleiter sitzt seit der Razzia am 31. Januar in Haft, ein weiterer ist gefeuert, drei Verantwortliche sind beurlaubt, bis die Staatsanwaltschaft Klarheit hat über deren mögliche Tatbeteiligung.

Die Stadtwerke wehren sich zudem gegen den Vorwurf, sie hätten selbst den Wettbewerb eingeschränkt durch Einkaufszwänge bei ihrer Logistik-Tochter. Die Staatsanwaltschaft jedenfalls hat den Stadtwerken in diesem Fall bisher nichts vorzuwerfen.

Polizei und Staatsanwaltschaft hatten 14 Kanalbauunternehmen, zehn davon aus Essen, Ende Januar durchsucht. Der Vorwurf: Stadtwerke-Mitarbeiter sollten den Kartell-Mitgliedern interne Vorkalkulationen an die Hand gegeben haben. Auf dieser Grundlage konnten die Mitglieder des Kartells abwechselnd den Zuschlag bei Ausschreibungen bekommen und sich ein dickes Stück sichern von dem 30-Millionen-Euro-Kuchen: So viel Geld stecken die Stadtwerke jährlich in ihre Infrastruktur.

Vorwürfe gegen die Stadtwerke

Drei Haftbefehle wurden damals vollstreckt. Ein Geschäftsführer einer Kanalbaufirma ist seit Mittwoch gegen Kaution wieder auf freiem Fuß, nachdem er zu den Vorwürfen umfangreich ausgesagt habe, sagt Oberstaatsanwalt Willi Kassenböhmer. Bei einem weiteren Firmenchef, so Kassenböhmer, steht die Entlassung gegen Kaution bevor. Über das Ausmaß des Schadens haben die Stadtwerke „keine verlässliche Berechnung“, sagt ihr Sprecher Dirk Pomplun. Die entscheidende Frage werde sein, wie lange das Kanal-Kartell schon existiert habe.

Im Zuge der Ermittlungen kamen aus der Bau-Branche auch Vorwürfe gegen die Stadtwerke: Die zwinge die Bewerber um Stadtwerke-Aufträge, mit 30 Prozent Preisaufschlag bei der Stadtwerke-Tochter „Infralogistik Ruhr“ einzukaufen. Das ist tatsächlich so, bestätigt Pomplun. Aber Kaufzwang nebst Preisaufschlag seien keine Beutelschneiderei, sondern Qualitätssicherung.

Die 2004 gemeinsam mit dem Kölner Baustoffgroßhändler Ebero gegründete Tochter mit Sitz am Stadthafen sorge bei der Beschaffung dafür, dass die hohen Qualitäts-Standards der Stadtwerke eingehalten würden. Der Preisaufschlag decke die Gemeinkosten wie Strom, Wasser, Miete oder Personal, die bei anderen Firmen auch anfallen, sagt Pomplun: „Keine Baufirma reicht ihr Material zum Einkaufspreis an uns weiter.“