Steele. .

Von außen ist die Gaststätte „Zum Kamp“ ein Wirtshaus wie jedes andere auch. Etwas abseits vom Steeler Zentrum gelegen, im Nottebaumskamp 24, erfreut es sich auch im 108. Jahr noch reger Beliebtheit. Und doch: Die Mauern des Lokals atmen Geschichte - und zwar nicht zu knapp.

In der „Schenkwirtschaft von Wilhelm Spies“, wie das Gasthaus aus der Gründerzeit anfangs hieß, trafen sich regelmäßig namhafte SPD-Politiker und bekannte Bergarbeiterführer. Wilhelm Spies, der 1902 nach dem Tod seines Vaters die Gaststätte übernommen hatte, war ein aktiver Kämpfer der Arbeiterbewegung und Mitbegründer zahlreicher Arbeiterorganisationen in Steele.

Nach 1933 wurde er zur Zielscheibe der neuen politischen Machthaber. Polizeiliche Hausdurchsuchungen, Protokolle wegen Flugblattverbreitung, Einschränkungen der Konzession und andere Schikanen sollten den Vater von Heinrich Spieß, dem späteren Stadtdirektor Essens, mürbe machen. Seine Unbescholtenheit und sein Ansehen sorgten dafür, dass die Nazis es nicht wagten, ihn anzutasten, obwohl er niemals die Hand zum „Deutschen Gruß“ erhob.

Männer hatten während des Kriegesim Untergrund gearbeitet

Auch nach dem zweiten Weltkrieg spielte die Gaststätte Spies im Steeler Rott erneut eine politisch bedeutsame Rolle. Dort fanden schon bald nach dem Einmarsch der Amerikaner geheime Zusammenkünfte von bekannten sozialdemokratischen Politikern zur Beratung politischer Maßnahmen statt. Es waren Männer, die auch während des Krieges im Untergrund gearbeitet hatten. Die neuerlichen Treffen waren nicht ganz einfach, denn die Besatzungsmächte hatten ein Versammlungsverbot erlassen.

Dennoch wurde bereits im April 1945 der Grundstein für die Neubildung der SPD gelegt. Der Stadtbezirk Steele wurde in Distrikte eingeteilt, Kontakte mit politischen Anhängern geknüpft - auch mit denen, die aus der Gefangenschaft oder dem Lazarett zurückkehrten. In der Gaststätte Spies traf man sich auch mit politischen Vertretern aus der gesamten Stadt Essen, mit denen man in enger Verbindung stand.

Infolgedessen nahm die Partei in Steele einen rasanten Aufstieg. Bereits am 25. August 1945 kam es zur Neugründung der SPD in Steele. Zum Vorsitzenden wurde Hugo Boch gewählt, der die Partei schon seit 1930 geleitet hatte. Stellvertreter wurde Fritz Müller. Mit der Gründung der SPD erfolgte auch die Neugründung der Arbeiterwohlfahrt. Vorsitzende wurde Luise Hill, die bis zur Eingemeindung nach Essen im Jahre 1929 Stadtverordnete von Steele war.

Die Gaststätte „Zum Kamp“ war jedoch nicht nur für die Geschicke der SPD von großer Bedeutung. Die erste öffentliche Bibliothek in Steele nahm dort ebenfalls ihren Anfang. Wieder war es Wilhelm Spies, der den Weg bereitete.